Ausgabe 08 - 2000berliner stadtzeitung
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Wiederaufbau des Ahornblattes!

"Wenn die Abrisspläne verwirklicht werden - und wir stehen wohl vor einem Fait accompli - dann sollte man dieser Stadt einen anderen Namen geben. Das, was hier geschieht, ist wohl-überlegter, kaltblütiger Mord." (Dr. Stengel, Direktor des Märkischen Museums) "Hier steht wahrhaft zeitlose und große Form vor uns, auch in der Ruine spricht sie noch laut und eindrucksvoll genug. Man sollte sie retten, wiederherstellen. In Berlin aber wird weiterhin gesprengt und eingerissen - ein unbegreiflicher Akt fanatischen Zerstörungswillens, den die Geschichte als sinnlos und frevelhaft verurteilen wird." (Ernst Gall)

Mit diesen Worten wandten sich die Intellektuellen Berlins 1950 gegen die drohende Sprengung des Stadtschlosses - erfolglos. Vor genau 50 Jahren begann der Abriss mit der Sprengung des Apothekenflügels. Es sollte ein großer Platz für Demonstrationen entstehen. Am Ende des Jahres 1950 war vom Schloss nichts mehr zu sehen. Die Machthaber hatten alle Proteste ignoriert und das unbequeme Denkmal einer missliebigen Ära entsorgt.

Heute wird das Ahornblatt abgerissen. Es soll eine geschlossene Blockrandbebauung entstehen, acht Geschosse hoch, mit Büros, Geschäften, Wohnungen und einem Hotel. Wenn diese Zeilen erscheinen, wird vom Ahornblatt wahrscheinlich nichts mehr zu sehen sein. Die Machthaber haben alle Proteste ignoriert und das unbequeme Denkmal einer missliebigen Ära entsorgt.

Aus den letzten 50 Jahren hat offensichtlich niemand auch nur irgendetwas gelernt. Ebenso barbarisch wie das stalinistische Ulbricht-Regime 1950 führt sich das kapitalistische Schröder-Regime 2000 auf - mit dem Unterschied, dass es heute niemand gewesen sein will: Die Verantwortung wird munter zwischen Oberfinanzdirektion, Stadtentwicklungssenator, Investor, Baustadtrat, Oberster Denkmalschutzbehörde, Architekt, Bundesfinanzministerium, Senatsbaudirektor, der DDR und noch vielen anderen hin- und hergeschoben.

Das Ahornblatt war fast 30 Jahre lang das städtebauliche Herz der Fischerinsel, der Keimzelle der historischen Doppelstadt Berlin-Cölln. Die hyperbolische Paraboloid-Betonschalenkonstruktion des Architekten Ulrich Müther erlangte wegen seiner eleganten Leichtigkeit weltweite Beachtung. Das Ahornblatt war für Generationen von Berlinern identitätsstiftend. Sein Abriss ist ein barbarischer Akt von Siegerjustiz unter dem Vorwand der Wiederherstellung eines "historischen Stadtgrundrisses".

Wir fordern den Wiederaufbau des Ahornblattes jetzt! Generationen- und parteienübergreifend herrscht Einigkeit über die Faszination dieses einzigartigen Bauwerks. Das neue Ahornblatt soll ein vielfältiger gesellschaftlicher Mittelpunkt Berlins werden, offen für alle Bürger. Teile der künftigen Neubauten können in das Fischerinsel-Ensemble einbezogen werden. Die Baupläne sind vorhanden, sogar die Fundamente stehen noch. Der Wiederaufbau kann problemlos durch die Verkaufserlöse der Oberfinanzdirektion finanziert werden.

Die Unterzeichner plädieren für die sofortige Entscheidung zum Wiederaufbau des Ahornblattes. Berlin braucht sein Ahornblatt!

Erstunterzeichner: Wilhelm von Boddien, Prof. Helmut Engel, Klaus Hartung, Dr. Dieter Hoffmann-Axthelm, Frank Keidel, Prof. Volkwin Marg, Dr. Michael Mönninger, Prof. Gernot Nalbach, Prof. Goerd Peschken, Dr. Wolf-Jobst Siedler, Dr. Antje Vollmer

Eine Initiative des Fördervereins Wiederaufbau des Ahornblattes i. Gr. mit Unterstützung des Fördervereins Berliner Stadtschloss e.V. und der Gesellschaft Historisches Berlin

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  Ausgabe 08 - 2000