Ausgabe 08 - 2000berliner stadtzeitung
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Es lebe der Westberliner Sumpf!

Eines ist sicher: Der neue Festspielintendant Joachim Sartorius ist ein schlechter Lyriker

Wer gedacht hatte, nach dem mittlerweile bereits notorischen Festspiel-Chef Ulrich Eckhardt würden die Verantwortlichen endlich für frischen Wind sorgen, der sah sich böse enttäuscht. Die Macht der "Paris Bar" war stärker, und es ist also wieder einmal jemand geworden, den man in (West)berlin schon sehr, sehr lange kennt. Wer aber ist dieser Joachim Sartorius? In den letzten Jahren war er Generalsekretär des Goethe-Instituts, er hat das Künstlerprogramm des "DAAD" geleitet und er war im diplomatischen Dienst tätig. Sein Steckenpferd aber ist die Lyrik, um die er sich als Übersetzer und Herausgeber kümmert; zudem dichtet Sartorius selbst. Wirft man nun einen Blick in seine Schriften, möchte man kaum für möglich halten, wie da einer noch an das "Steile und Große der Poesie glaubt", einem längst überwunden gehofften kunstreligiösen Obskurantismus huldigt. Die "Poesie" ist für Sartorius die letzte Bastion des âGeistes´, die von den Naturwissenschaften noch nicht geschleift wurde, Gedichte sollen "Hochkonzentrate" sein, die "das Andere" gegen die neuen Medien behaupten. Sartorius´ lyrische Produktion ist gekennzeichnet von Empfindsamkeit, vom Vertrauen in längst obsolete Bilder und Metaphern. So lesen wir etwa in einem im Jahrbuch der Lyrik 2000 veröffentlichten Gedicht: "Jetzt ist es Nacht, nachtfinster./Jetzt ist dem Blick das schwarze rollende Land/entzogen. Nicht dem Wort, seiner Kraft./Nicht der Geliebten, ihren Handreichungen."

Dies zur Warnung an die Vielen, die keine Gedichte lesen: Joachim Sartorius ist ein ästhetischer Reaktionär!

Florian Neuner

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