Ausgabe 08 - 1999berliner stadtzeitung
scheinschlag

Diese Ausgabe

Inhaltsverzeichnis


Zur Homepage

"Lucky People Center International"

Der Mensch muß singen und tanzen

Zu Beginn des Films bewegen sich grüne leuchtende elektrische Signale auf der Leinwand. Wir befinden uns im Micro-Organismus eines Computers. Diesen Signalen folgt eine Sicht aus dem Weltraum auf unseren Planeten, die Erde.

Haben wir es mit einem Science-Fiction Film zu tun, in dem wir auf prägnante Weise auf die Krisen der Zukunft aufmerksam gemacht werden? Ein solch ungreifbarer Anfang ließe es vermuten.

Dem ist nicht so. Der Film setzt uns schnell auf festen Boden. Wir beobachten Affen im Dschungel. Ein Wissenschaftler erklärt uns, daß sie jeden Morgen ihres Lebens paarweise einen Gesang anstimmen und er gelernt habe, diese Gesängen nachzuahmen, so daß er mit ihnen kommunizieren könne.

Weiterhin wohnen wir in einem afrikanischen Dorf einer religiösen Zeremonie bei, die eine Priesterin führt, um die bösen Geister zu vertreiben.

Diesen zwei Beispielen liegt eine Überlegung zugrunde: der Mensch kann nur Mensch sein, wenn er singt und tanzt.

Die Regisseure Erik Pauser und Johann Söderberg setzen diese Idee filmisch um. Anhand abwechselnd zaghafter, ruhigerer Schnitte, Wiederholungen von Bild und Sprache und nicht zuletzt einer unterlegten Musik (die mitnimmt), haben sie ein Werk geschaffen, das sich der Form nach in die Generation des Videoclips einfügt. Mit dem Unterschied jedoch, daß hier auch der Inhalt interessant ist.

Die Persönlichkeiten, die uns in dieser Bildsymphonie vorgestellt werden, erzählen von ihren Erkenntnissen und Weisheiten. Jede zeigt ihre Welt, die das Denken und Handeln einschließt. Der Bogen der Personen reicht von dem tibetisch-buddhistischen Lehrer Sogyal Rinpoche über den russischen Aktionskünstler Alexander Brener bis hin zur amerikanischen Porno-Queen Annie Sprinkle. Ein Querschnitt der verschiedensten Lebensweisen und Glaubenssätze.

Es ist mutig, in einem 80-minütigen Streifen die Vielfalt an Kulturen und Lebensformen dieser Welt mit Anteilnahme präsentieren zu wollen.

Nie sind die Regisseure zu sehen, immer sind sie aber spürbar, sie dirigieren das Orchester. Eines ist gewiß, sie nutzen die Menschen, die sie zeigen, nicht aus, sondern treten ihnen ehrlich gegenüber.

Gelungen ist ihnen der Film deshalb, weil sie sich auf die Möglichkeiten der Wiedergabe konzentriert haben, das heißt auf Bild und Ton. Aus dem gesammelten Material haben sie ein eigenes Werk geschaffen.

Die Lust am Teilen der eigenen Lust. Über die Lust wird die Aufmerksamkeit und Offenheit für die Menschen in diesem Film groß. Und ihre Gedanken regen an.
Sylvanus

Lucky People Center International: OmU, Schweden 1998
R: Erik Pauser, Johann Söderberg
Preview am 27. August, 20.30 Uhr im Kino Blow Up
Ab 2. September in den Kinos Blow Up, Filmbühne am Steinplatz
(andere Kinos standen bei Red.schluß noch nicht fest)

© scheinschlag 2000
Inhalt dieser Ausgabe | Home | Aktuelle Ausgabe | Archiv | Sitemap | E-Mail

  Ausgabe 08 - 1999