Ausgabe 06 - 1999berliner stadtzeitung
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Zwirngraben ohne Nachtbusse

Die Debatte um den Nachtbusknoten Ost am Hackeschen Markt scheint nach gut einem halben Jahr langsam einer Lösung zuzustreben. Der Knotenpunkt für sieben Nachtbuslinien, Nachtstraßenbahnen sowie die am Wochenende auch nächtlich verkehrende S-Bahn wird wohl südlich des S-Bahnhofes Hackescher Markt neben der neuen Straßenbahnhaltestelle entstehen. Senat, BVG und der Bezirk Mitte haben sich auf diese Lösung verständigt. Damit bliebe der Platz nördlich des S-Bahnhofs zwischen Zwirngraben und Neue Promenade vom Nachtbusverkehr verschont, eine Wendeschleife und Haltestelleneinrichtungen müßten hier nicht errichtet werden.

Diese ursprünglich geplante Lösung war auf starken Widerstand im Bezirk Mitte gestoßen. Hier ist im Rahmen des Sanierungsgebietes Spandauer Vorstadt ein verkehrsfreier Stadtplatz geplant, auf dem u.a. auch Märkte stattfinden können. Anlieger des Platzes hatten eine Million Mark zur Gestaltung dieses Platzes in Aussicht gestellt, unter der Bedingung allerdings, daß dort kein Nachtbusknoten entsteht. Die baulichen Veränderungen hätten die Nutzungsfähigkeit und Attraktivität des Platzes eingeschränkt, die kommerzielle Verwertung wäre erschwert. Die PDS hatte daher die Verlegung des Knotenpunktes in die Nähe des Alexanderplatzes gefordert, Bündnis Mitte und die Betroffenenvertretung Spandauer Vorstadt jedoch hatten sich für einen Verbleib des Knotens am Hackeschen Markt eingesetzt, da hier auch in der Nacht ein starker Publikumsverkehr herrscht.

Seit dem Beginn der mittlerweile abgeschlossenen Bauarbeiten an der neuen Straßenbahnlinie zwischen Alexanderplatz und Hackeschen Markt treffen sich die Nachtbusse provisorisch in der Burgstraße, die Wegstrecke zur S-Bahn und zur Straßenbahn ist jedoch zu lang, um eine effektive Vernetzung der nächtlichen Verkehrslinien zu gewährleisten.

Ein Gutachten der Verkehrsverwaltung ergab jetzt, daß verkehrstechnisch die Lösung auf der Südseite des Bahnhofs möglich ist, die Kurven sind für Gelenkbusse nicht zu eng. An der Spandauer Straße muß jedoch der Gehweg für die Ein- und Ausfahrt der Busse verändert werden. Problematisch ist noch die Grundstücksfrage: nicht alle der für die neun Meter breite Trasse benötigten Flächen befinden sich in Landeseigentum, mit den Eigentümern muß noch verhandelt werden. Dennoch soll mit den Bauarbeiten möglichst bald begonnen werden, geplant ist die Inbetriebnahme des neuen Knotenpunktes für das Frühjahr 2000.

Diese nun gefundene Lösung könnte auch Auswirkungen auf die Bebauung des sich direkt anschließenden Grundstückes haben. In der Bezirksentwicklungsplanung und im Planwerk Innenstadt ist hier die Ausweisung einer neuen Baufläche für rund 50.000 qm Bruttogeschoßfläche vorgesehen. Dazu soll die Straße An der Spandauer Brücke verlegt werden. Statt wie bisher direkt von der S-Bahn-Brücke zur Spandauer Straße soll sie gemäß der historischen Straßenführung mit einem rechten Winkel verlaufen, Park- und Spielplätze, die bisher von den Bewohnern des Punkthochauses "Windmühle" genutzt werden, würden entfallen bzw. als Tiefgarage in dem neuen Block neu entstehen. Für das Grundstück interessiert sich die Philipp-Holzmann AG, die hier an den Bau eines "Medien- und Gründerzentrums" denkt. Dazu gehört eine Medienarena mit rund 1800 Sitzplätzen, die unter dem Namen "Piscator-Theater" für Theater und Kino, aber auch für Kongresse, Discoabende und andere Veranstaltungen zur Verfügung stehen soll. Zur Zeit beschäftigt sich der Stadtplanungsausschuß der BVV Mitte mit der Frage, ob eine solche Veranstaltungsarena sich an dieser Stelle mit der Stadt verträgt. Für nächtliche BVG-Benutzer wäre sie mit der Entstehung des Nachtbusknotens unmittelbar vor ihrer Haustür aber auf jeden Fall verkehrstechnisch optimal angeschlossen.

Christof Schaffelder

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  Ausgabe 06 - 1999