Ausgabe 06 - 1999berliner stadtzeitung
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Kein Geld für das Kinderbad - aber für die Olympiaschwimmhalle

Der Bezirk überlegt, den Bäder Betrieben nun den Pachtvertrag zu kündigen

Eine Sanierung des Kinderbades im Monbijoupark ist immer noch in weiter Ferne. Nur wenige Tage vor der Eröffnung des Bad-Provisoriums mit sandgefüllten Wasserbecken und Duschen fand eine Begehung des Bades durch den Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses statt. Er wollte sich vor Ort über die Situation informieren. Hintergrund war ein Antrag der PDS-Fraktion zur zügigen Sanierung des Bades, damit es wenigstens im nächsten Jahr wieder zum Baden genutzt werden kann. Die Berliner Bäder Betriebe (BBB) als Betreiber wollten ursprünglich das Bad in diesem Sommer gar nicht eröffnen, da ihnen das Geld für die notwendige Sanierung fehle und ihnen vom Senat Zuschüsse gestrichen worden seien.

Doch auch der Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses wollte nicht so ohne weiteres für die privatisierten Bäder Betriebe in die Bresche springen. Er forderte von den Bäder Betrieben die Vorlage eines Wirtschaftskonzeptes. Die Bäder Betriebe wiederum argumentieren, sie könnten kein Konzept vorlegen, solange nicht klar sei, wieviel Zuschüsse vom Senat zu erwarten seien. Zudem zweifelte der Ausschuß die Kostenberechnung der BBB an, wonach die Sanierung des Bades zwei Millionen DM kosten würde. Um die kostengünstigste Variante zu finden, müsse man die Arbeiten ausschreiben, so der Ausschuß. Angezweifelt wurde allerdings auch die Schätzung eines Architekten, das Bad könne schon mit 600.000 Mark saniert werden.

Dem Vorstandsvorsitzenden und dem Geschäftsführer der BBB war bei der Begehung offenbar nicht ganz wohl in ihrer Haut, denn sie zogen es vor, dezent im Hintergrund zu bleiben, wie Uschka Thierfelder von der Betroffenenvertretung berichtet. Zuvor gab es noch einen Eklat, als ein Vertreter der Bäder Betriebe jene Schilder entfernen sollte, die Kinder für die Demonstration zur Rettung des Bades Mitte April gemalt hatten und die die Betroffenenvertretung vor der Begehung an den Zäunen des Bades angebracht hatte. Da aber schon die Presse angetreten war, blieben die Schilder schließlich doch dran.

Das Mißtrauen gegenüber den Berliner Bäder Betrieben wächst im Bezirk indes immer mehr: nicht nur, weil wieder einmal von einem "Spaßbad" die Rede war (wobei die BBB bisher nicht erklärt haben, wie sie ein solches Vorhaben finanzieren wollten). Die Betroffenenvertretung klagt auch darüber, daß die Bäder Betriebe sich "sehr schwer damit tun", sich an der Beschaffung von Spielgeräten zu beteiligen, um die Attraktivität des Bad-Provisoriums ein wenig zu erhöhen.

Offenbar, so der Eindruck bei der Betroffenenvertretung, haben die BBB überhaupt kein Interesse am für sie unlukrativen Betrieb eines Kinderbades, sondern lediglich an einem verwertbaren Grundstück. Umso mehr, als bald das Bädergesetz novelliert werden soll: Dann sollen alle Grundstücke, auf denen die BBB bisher nur als Pächter Bäder betreiben, in deren Eigentum übergehen. Die Bündnis-Mitte-Fraktion stellte deshalb auf der letzten BVV einen Dringlichkeitsantrag, das Bezirksamt solle sich beim Senat dafür einsetzen, daß das Grundstück nicht den Bäöder Betrieben übertragen wird, sondern im Bezirksbesitz verbleibt. Sollte die Sanierung nicht zustandekommen, so solle der Bezirk dann selbst ein Betreiberkonzept aufstellen und einen Träger suchen. Da sich mit dem Antrag Folgekosten ergeben, wurde er vorerst zur Beratung in den bezirklichen Hauptausschuß überwiesen.

Der Senat und die Bäder Betriebe haben indes mehr als deutlich gezeigt, wo sie die Prioritäten sehen. Anfang Juni, kurz nach der Begehung des Kinderbades, stellte Finanzsenatorin Fugmann-Heesing 2,5 Millionen Mark "Betriebsmittel" für die Großschwimmhalle an der Landsberger Allee - ein Relikt der Olympiabewerbung - zur Verfügung, damit dort im Februar 2000 der Kurzstrecken-Weltcup stattfinden kann. Betreiber der Großschwimmhalle: die Bäder Betriebe.

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