Ausgabe 06 - 1999berliner stadtzeitung
scheinschlag

Diese Ausgabe

Inhaltsverzeichnis


Zur Homepage

Von Saubermännern und Staubsaugern

Dominik Wesselys Dokumentarfilm "Die Blume der Hausfrau"

"Guten Tag, ich bin... von der Firma Vorwerk. Kennen Sie Vorwerk?" Meist beginnt so die Kontaktaufnahme der Außendienstler des renommierten schwäbischen Unternehmens. Sie sind adrett, jovial, selbstbewußt und zuvorkommend ("Junger Mann, in der Ecke haben Sie aber noch nicht gesaugt!").

Eigentlich kennen wir sie alle, ob sie nun Staubsauger oder Reinigungsmittel oder Versicherungen verkaufen. Aber ehrlich mal, wer will sie tatsächlich kennenlernen, die Herren Vertreter? Wen interessiert schon ihr harter Job, die Ablehnungen, der Erfolgsdruck?

Daß die Mehrheit zumindest der im Film begleiteten Vertreter italienischer Abstammung sind, mag damit zu tun haben, daß die Haustürgeschäfte in Deutschland nach wie vor irgendwie verpönt sind.Um so erstaunlicher, daß doch etliche potentielle Kunden das Kamerateam mit in ihr heiligstes Reich einließen.

Im Ländle der Kehrwoche ist der Absatzmarkt besonders groß, ob Rentnerin, alleinerziehende Mutter oder griechischer Hausmann - sie alle wollen sich nicht lumpen lassen, wenns um die Sauberkeit geht.

Regisseur Dominik Wessely kriegte die Kurve gerade noch und widerstand der Versuchung eines zweiten Staubsaugers. Stattdessen beschloß er einen Film zu drehen. Was wie eine Adaption der "Glorreichen Sieben" beginnt, endet mit der Auszeichnung des einen als bester Verkäufer und dem Ausstieg eines anderen, der den Anforderungen nicht gewachsen war. Der Film lebt von den Wohnzimmerszenen und ist komisch, ohne zu denunzieren. Er zeigt deutsche Wirklichkeit, wie sie die meisten von uns nicht wahrhaben wollen.
bwh

Ab 17. Juni in den Kinos fsk, Hackesche Höfe und New York, ab 24. Juni im Broadway.

Scheinschlag sucht filmbegeisterte Mitstreiter, die sich neben dem Filmeschauen auch mit film- und kinopolitischen Fragestellungen beschäftigen möchten. Bei Interesse bitte in der Redaktion oder unter 292 87 18 (Berit Wich-Heiter) melden.

© scheinschlag 2000
Inhalt dieser Ausgabe | Home | Aktuelle Ausgabe | Archiv | Sitemap | E-Mail

  Ausgabe 06 - 1999