Ausgabe 05 - 1999berliner stadtzeitung
scheinschlag

Diese Ausgabe

Inhaltsverzeichnis


Zur Homepage

"Wir sind keine Trockenschwimmer!"

"Wir wollen baden!" stand auf Schildern, die die Demonstrationsteilnehmer mit sich führten. Sogar die Kleinsten, die im Kinderwagen an der Demonstration teilnahmen, trugen Stirnbänder, kleine Schilder oder Luftballons.

Ziel des bunten und sehr lauten Umzuges war der Monbijoupark. Kinder, Eltern und Bezirksvertreter demonstrierten für den Erhalt des dortigen Kinderbades, dessen langfristige Existenz nach wie vor gefährdet scheint. Wie berichtet, würde die erforderliche Sanierung des Bades zwei Millionen Mark kosten. Die Berliner Bäder Betriebe als Pächter des Bades sehen sich allerdings dazu wenigstens in diesem Jahr nicht in der Lage, und auch im nächsten Jahr sei das nur mit zusätzlichen Zuschüssen des Landes Berlin möglich. Sportsenatorin Ingrid Stahmer hält sich ihrerseits nach wie vor bedeckt und verweist auf die anstehenden Wahlen.

Bei der Betroffenenvertretung Spandauer Vorstadt, die sich für den Erhalt des Bades engagiert, schon 5000 Unterschriften gesammelt hat, an einer Zwischenlösung für dieses Jahr arbeitet und auch die Kinderdemo organisiert hatte, verstärkte sich jedoch immer mehr der Eindruck, die Bäder Betriebe hätten kein Interesse an dem KInderbad, sondern nur an der lukrativen Immobilie.

Zuletzt ließen die Bäder Betriebe den ursprünglich geplanten Eröffnungstermin am 1. Mai platzen: Denn die Kompromißlösung sah vor, die Becken wenigstens mit Sand zu füllen, Duschen in Betrieb zu nehmen, Spielgeräte zur Verfügung zu stellen und "nur" einen symbolischen Eintritt zwischen 0,50 und einer Mark zu verlangen. Schon da hatte die Betroffenenvertretung Bedenken geäußert, ob unter diesen Bedingungen das Bad überhaupt mit der benachbarten Liegewiese und den Spielflächen konkurrieren könne.

Doch zwei Wochen vor dem 1. Mai verkündeten die BBB, die Becken doch nicht mit Sand zu füllen. Grund: Möglicherweise könnte eine geplante Begehung des Bades durch den Sportausschuß des Abgeordnetenhauses zur Folge haben, daß ganz kurzfristig doch noch Sanierungsgelder zur Verfügung gestellt würden. Daher wolle man unnötige Ausgaben vermeiden und stattdessen lediglich einen Bauzaun um das Becken ziehen. Ein Vorschlag, der die Initiative zur Rettung des Bades wegen "massiver Sicherheitsprobleme" auf die Barrikaden trieb: "Das lädt spielende und tobende Kinder geradezu zum Klettern ein!" Und der Krankenwagen könnte gleich nebenan geparkt werden.

Bezirk und Initiative nahmen die Sand- und Sponsorenbeschaffung selbst in die Hand: Das Bad wird nun mit leichter Verspätung am 27. Mai mit einem Kinderfest eröffnet. Dem "Anbaden" sollen weitere Kinderfeste folgen, um das Bad weiter in der öffentlichen Aufmerksamkeit zu halten. Die Begehung durch den Ausschuß des Abgeordnetenhauses wird einen Tag vor der Eröffnung, am 26. Mai um 8.30 Uhr vor Ort stattfinden. Möglicherweise treffen sie dort auch ein paar Kinder, die ihnen - wie auf der Demo - mitteilen: "Wir sind keine Trockenschwimmer." Und sich wundern, daß Erwachsene so etwas Einfaches nicht begreifen können.

us

© scheinschlag 2000
Inhalt dieser Ausgabe | Home | Aktuelle Ausgabe | Archiv | Sitemap | E-Mail

  Ausgabe 05 - 1999