Ausgabe 03 - 1999berliner stadtzeitung
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Kreuzberg bekam neuen Bürgermeister

Mit spektakulärer Übernahme des Amts sorgte Unternehmer Hubert Jenner für Aufsehen - er ersteigerte es auf einer Auktion!

Mit dem Slogan "Ich bin jetzt der König von Kreuzberg" drängte der Steglitzer Unternehmer Hubert Jenner am Freitagmorgen den bis dahin amtierenden Bürgermeister Franz Schulz (B90/Grüne) aus seiner Funktion. Der neue Amtsinhaber, dessen Parteizugehörigkeit noch unklar ist, wurde von seinem Vorgänger Franz Schulz einen Tag lang unter Anwesenheit von Medienvertretern in die Geschäfte eingewiesen und begann sich mit seiner neuen Arbeitsumgebung anzufreunden. Sogar einige politische Forderungen stellte er schon auf.

Wie kam es nur dazu?

Der Unternehmer, dem einige Häuser in Berlin gehören, ersteigerte das Bürgermeisteramt auf einer Auktion am 4. Dezember 1998 für nur achttausend Mark. Schon am 19. März 1999 trat er das Amt an. Bereits an diesem Tag diskutierte er mit dem Leiter des Bürgerbüros eine umstrittene Bürgerbeschwerde, deren Inhalt nicht genau bekanntgegeben wurde. Weiterhin soll er sich an einer Anhörung über die Neugestaltung freiwilliger ökologischer Standards beteiligt haben. Auf einer Bürgersprechstunde am Nachmittag stellte er Kontakt mit der breiten Öffentlichkeit her, die verdutzt reagierte. Immerhin gibt es Anzeichen dafür, daß die käufliche Übernahme des Amts mit einigen Detailregelungen der Landesverfassung nicht vollständig übereinstimmt. Bisher hat sich aber noch niemand beschwert.

Neues soziales Gewissen

Denn Jenner kann nach dem ersten Tag seiner Amtszeit ein umfassendes soziales Engagement bescheinigt werden, das eventuell sogar über das seines Vorgängers hinausgeht. Irgendjemand müsse doch etwas tun, begründete Jenner seinen ungewöhnlichen Einstieg in die Politik. Der soziale Draufgänger konnte Kreuzberg mit drei im Bezirk noch nie aufgestellten Forderungen überraschen: Die zentralste ist die Einrichtung eines kreuzbergweiten autofreien Sonntags am 20 Juni diesen Jahres. Außerdem will Jenner die Sperrmülltage wieder einführen und den Schwerpunkt der Wohnraumförderung vom Eigenheimbau auf den Verkauf von Wohnungen an Mieter verlagern. Mit diesen politischen Zielen hat der frischgebackene Bürgermeister bei den Kreuzbergern wahrscheinlich ganz gute Karten. Allerdings wird er wie jeder Neuling in der Bezirkspolitik hart zu knabbern haben am Intrigensumpf aus diversen Kiezvereinen und -institutionen: Zu Redaktionsschluß am Freitagabend war nicht festzustellen, wie lange er im Amt zu bleiben beabsichtigt.


cd

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