Ausgabe 05 - 2007 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Altnazis auf der Jagd

Gisela Elsner ist vielen noch ein Begriff, da sie zu den Autoren der Gruppe 47 gehörte, die sich in den 60er Jahren mit der Nachkriegsgesellschaft Deutschlands beschäftigten. Ihr Romandebüt Riesenzwerge wurde auch prompt ein Riesenerfolg, in dem sie in der Figur eines tyrannischen Kriegskrüppels den Mythos des braven Wehrmachtsoldaten zerschlägt. In ihrem letzten Werk Heilig Blut nahm sie wieder die Generation der Altnazis aufs Korn.

Eine Gruppe von vier älteren Herren trifft sich jährlich zu einem Jagdurlaub, im Laufe dessen die vier ihre Männlichkeit und soldatischen Ideale feiern. Doch nun ist einer der Herren, Gösch, krank geworden und hat seinen Sohn, einen Wehrdienstverweigerer, gezwungen, für ihn mit den anderen Jägern Urlaub zu machen ­ und sich von diesen zu einem richtigen Mann formen zu lassen. Das Unterfangen endet tödlich für den „jungen Gösch", wie der wehrdienstverweigernde Sohn genannt wird. Die Unmenschlichkeiten einer auf soldatischen Tugenden aufgebauten Herrenrunde hatten in diesem schon vorher den Verdacht aufkommen lassen, daß es besser wäre, sich schnellstens vom gemeinsamen Urlaub zu verabschieden, aber seine friedfertige Haltung lassen ihn diesen Schritt leider so lange hinausschieben, bis es zu spät ist.

Giesela Elsner wurde oft mit Elfriede Jelinek verglichen. Doch an den Erfolg einer Jelinek kam Elsner leider nie heran, woran sie letztendlich zerbrach. Daß ihr Werk es trotz der Ablehnung des Literaturbetriebs verdient, wieder mehr Beachtung zu finden, zeigt nun Heilig Blut. Das Werk hat eine wahre Odyssee hinter sich, da es nach seiner Vollendung seinerzeit von allen deutschen Verlagen abgelehnt wurde. Im Verbrecher Verlag, der seit 2001 das Oeuvre von Gisela Elsner wieder der Öffentlichkeit zugänglich macht, ist erst jetzt das Buch zum ersten Mal auf deutsch erschienen. Damit könnte Elsner wieder die Anerkennung erhalten, die sie verdient.

Inett Kleinmichel

Gisela Elsner: Heilig Blut. Verbrecher Verlag, Berlin 2007. 14 Euro.

scheinschlag-Aufsteller

 
 
 
Ausgabe 05 - 2007 © scheinschlag 2007