Altnazis auf der Jagd
Gisela Elsner ist vielen noch ein Begriff, da sie zu den
Autoren der Gruppe 47 gehörte, die sich in den 60er Jahren mit der
Nachkriegsgesellschaft Deutschlands beschäftigten. Ihr
Romandebüt Riesenzwerge wurde auch prompt ein Riesenerfolg, in dem
sie in der Figur eines tyrannischen Kriegskrüppels den Mythos des
braven Wehrmachtsoldaten zerschlägt. In ihrem letzten Werk Heilig
Blut nahm sie wieder die Generation der Altnazis aufs Korn.
Eine Gruppe von vier älteren Herren trifft sich
jährlich zu einem Jagdurlaub, im Laufe dessen die vier ihre
Männlichkeit und soldatischen Ideale feiern. Doch nun ist einer
der Herren, Gösch, krank geworden und hat seinen Sohn, einen
Wehrdienstverweigerer, gezwungen, für ihn mit den anderen
Jägern Urlaub zu machen und sich von diesen zu einem
richtigen Mann formen zu lassen. Das Unterfangen endet tödlich
für den „jungen Gösch", wie der wehrdienstverweigernde
Sohn genannt wird. Die Unmenschlichkeiten einer auf soldatischen
Tugenden aufgebauten Herrenrunde hatten in diesem schon vorher den
Verdacht aufkommen lassen, daß es besser wäre, sich
schnellstens vom gemeinsamen Urlaub zu verabschieden, aber seine
friedfertige Haltung lassen ihn diesen Schritt leider so lange
hinausschieben, bis es zu spät ist.
Giesela Elsner wurde oft mit Elfriede Jelinek
verglichen. Doch an den Erfolg einer Jelinek kam Elsner leider nie
heran, woran sie letztendlich zerbrach. Daß ihr Werk es trotz der
Ablehnung des Literaturbetriebs verdient, wieder mehr Beachtung zu
finden, zeigt nun Heilig Blut. Das Werk hat eine wahre Odyssee hinter
sich, da es nach seiner Vollendung seinerzeit von allen deutschen
Verlagen abgelehnt wurde. Im Verbrecher Verlag, der seit 2001 das
Oeuvre von Gisela Elsner wieder der Öffentlichkeit zugänglich
macht, ist erst jetzt das Buch zum ersten Mal auf deutsch erschienen.
Damit könnte Elsner wieder die Anerkennung erhalten, die sie
verdient.
Inett Kleinmichel
Gisela Elsner: Heilig Blut. Verbrecher Verlag, Berlin 2007. 14 Euro.