Schöner scheitern
Der Club der polnischen Versager
schließt

Foto: Knut Hildebrandt
Nun haben sie es nach sechs Jahren endlich doch
geschafft: Der in der Torstraße ansässige Club der
Polnischen Versager bei der Eröffnung im September
2001 von Presse und Fernsehen hochumjubelt, gepusht und im ersten
halben Jahr seines Bestehens förmlich überrannt von
dem, was sich Szene nennt macht dicht. Ganz veritabel und
laut Programm auch irgendwie folgerichtig: gescheitert.
Adam Gusowski, einer der ambitionierten Versager,
gesteht es ein: „Es ist schon so, daß wir versagt
haben, daß wir nicht die Kraft entwickelt haben, einen
unantastbaren Status zu erreichen. Wir konnten den Leuten nicht
vermitteln, daß ohne uns die Torstraße einfach nur
scheiße ist, daß ohne uns Mitte, ja ganz Berlin
scheiße ist. Wir haben uns um unsere Lobby nicht
gekümmert."
Nach dem unerwünschten, weil allzu
erfolgversprechenden Hype zu Anfang setzte der Club auf ein
anspruchsvolleres Programm, auf Ignoranz gegenüber der
medialen Verwurstungsmaschinerie und den spaßbesessenen Post-
Postlern und „Location Scouts", die den Club nur als lustige
Zwischenstation auf ihrem Trip durchs Berliner Nachtleben sahen (den
Versagern ist es immer sehr viel ernster, auch wenn sie sich ironisch
geben): Lesungen, Jazzkonzerte, regelmäßige
polnische oder estnische Filmabende folgten, später die schon
im Titel wieder einmal mit der Unbedarftheit des Emigranten spielende
Leutnant-Show (eine üble deutschpolnische Pidgin-Variante von
Late-Night-Show). Und auch mit diesen Veranstaltungen waren die
Versager alles andere als erfolglos.
Die stete Veränderung im Kiez
führte aber auch zu einem Wandel in der Torstraße
66, dem Haus, in dessen Erdgeschoß die Versager siedeln. Nach
und nach wurden die vormaligen Mietwohnungen verkauft. Verstand man
sich vormals mit den Mietern, traf Absprachen, redete miteinander,
erhielt der Club erstmals vor zwei Jahren anonyme Briefe von den
Neubewohnern des Hauses, dann gab es eine Anzeige wegen
Ruhestörung, Besuche des Ordnungs- und des
Gewerbeaufsichtsamts folgten. Eine Ausschankgenehmigung haben die
Versager für die Räume in der Torstraße
nicht; sie werden sie auch nicht bekommen. Die dazu nötigen
Umbauarbeiten müßten von den unwilligen
Hausbewohnern bewilligt werden. Die werden alles andere als das tun.
Nun wurde dem Club gerichtlich auch noch eine Sondergenehmigung
für den Weiterbetrieb des Ladens verweigert.
Gleichwohl, die Versager nehmen das Ende ihres
Wohnzimmers in der Torstraße relativ gelassen: Sie wollen
ihren Club an anderer Stelle, auf jeden Fall in Mitte, wiedererstehen
lassen. Auf ein neues fröhliches Scheitern!
Gertrude Schildbach
Bis zum 2. Juni noch hat der Club der Polnischen
Versager geöffnet, Torstraße 66, Mitte.
Veranstaltungsprogramm:
www.polnischeversager.de