Ausgabe 04 - 2007 berliner stadtzeitung
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Unbequeme Berichterstattung

Central und Nickelodeon präsentieren das Filmfest globale

Bereits zum vierten Mal begibt sich das globalisierungskritische Filmfestival globale in die Niederungen sozialer Abgründe und berichtet von den Erfolgen des Widerstands gegen den Neoliberalismus.

Nicht immer professionell, dafür aber authentisch, sollen rund fünfzig Filme die Berliner Kinos Central und Nickelodeon mit unbequemer Berichterstattung füllen und so die Kritik am globalisierten Kapitalismus aus der Nische holen und auf die Leinwand bringen. Die globale will den Blick für das Unsichtbare schärfen, wenn wie in dem Eröffnungsfilm Bamako über eine fiktive Gerichtsverhandlung in einem Hinterhof der Hauptstadt Malis berichtet wird. Angeklagt sind die Weltbank und der Währungsfond; als Zeugen treten Menschen von der Straße auf und erzählen aus ihrem Alltag, der geprägt ist von den Folgen internationaler Finanzpolitik. Pointiert soll so auf die Auswirkungen herrschender Weltmarktzwänge und die Re-Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents aufmerksam gemacht werden.

Neben Klimawandel, Migration und der Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen bildet das Thema Privatisierung einen der diesjährigen Schwerpunkte. Mit ihm befaßt sich beispielsweise Der große Ausverkauf. Die ineinander verwobenen Porträts von vier Personen aus verschiedenen Kontinenten dokumentieren die sozialen Realitäten, in denen Menschen leben, die mit dem abstrakt klingenden Phänomen der Privatisierung ganz konkret konfrontiert sind.

Der Themenblock „Learning from Klassenkampf" widmet sich Arbeitskämpfen in verschiedenen Teilen der Welt. Ergänzt wird er durch Beiträge von dem Arbeiterfilmfestival Sendika, das im selben Monat zum zweiten Mal in der Türkei stattfindet.

Begleitet werden die Filmvorführungen vom 9. bis 16. Mai von Workshops, Installationen und Ausstellungen in einem Festivalzentrum in der Galerie Neurotitan. Eingeladen sind dazu mehrere internationale Gäste und eine Vielzahl von Filmemachern. Ein spezielles Programm für Schüler ab zwölf Jahren bietet die „junge globale". Die ausgewählten Filme im Nachmittagsprogramm befassen sich vor allem mit den Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen und geben einen ersten Einblick in das komplexe Thema. Ein „globaleradio" macht sich zur Aufgabe, aus einem provisorischen Studio Beiträge über das Filmfest zu senden.

Geplant sind zudem öffentliche Vorführungen in Zusammenarbeit mit Gegnern des diesen Sommer in Deutschland tagenden G8-Gipfels. An einem „Salon Global" im Theater HAU 1 wollen sich die Festivalmacher mit Videoinstallationen beteiligen. Ausgewählte globale Filme sollen am 17. Mai auf einer Videokundgebung am Boxhagener Platz kostenlos gezeigt werden.

Der globale scheint damit eine sehenswerte Kombination aus inhaltlichem Anspruch und künstlerischer Umsetzung zu gelingen, ohne daß sich die politische Brisanz der Themen in moralischer Selbstbestätigung verläuft. Auch wenn die eine oder andere Doku mit viel zu langen Interviews und viel zu kleinen Untertiteln dabei sein wird, verspricht das Filmfest ein großes Kino der Globalisierungskritik zu werden. 

Philipp Mattern

www.globale-filmfestival.org

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