Unbequeme Berichterstattung
Central und Nickelodeon präsentieren das Filmfest globale
Bereits zum vierten Mal begibt sich das
globalisierungskritische Filmfestival globale in die Niederungen
sozialer Abgründe und berichtet von den Erfolgen des Widerstands
gegen den Neoliberalismus.
Nicht immer professionell, dafür aber authentisch,
sollen rund fünfzig Filme die Berliner Kinos Central und
Nickelodeon mit unbequemer Berichterstattung füllen und so die
Kritik am globalisierten Kapitalismus aus der Nische holen und auf die
Leinwand bringen. Die globale will den Blick für das Unsichtbare
schärfen, wenn wie in dem Eröffnungsfilm Bamako über
eine fiktive Gerichtsverhandlung in einem Hinterhof der Hauptstadt
Malis berichtet wird. Angeklagt sind die Weltbank und der
Währungsfond; als Zeugen treten Menschen von der Straße auf
und erzählen aus ihrem Alltag, der geprägt ist von den Folgen
internationaler Finanzpolitik. Pointiert soll so auf die Auswirkungen
herrschender Weltmarktzwänge und die Re-Kolonialisierung des
afrikanischen Kontinents aufmerksam gemacht werden.
Neben Klimawandel, Migration und der Prekarisierung von
Arbeitsverhältnissen bildet das Thema Privatisierung einen der
diesjährigen Schwerpunkte. Mit ihm befaßt sich
beispielsweise Der große Ausverkauf. Die ineinander verwobenen
Porträts von vier Personen aus verschiedenen Kontinenten
dokumentieren die sozialen Realitäten, in denen Menschen leben,
die mit dem abstrakt klingenden Phänomen der Privatisierung ganz
konkret konfrontiert sind.
Der Themenblock „Learning from Klassenkampf"
widmet sich Arbeitskämpfen in verschiedenen Teilen der Welt.
Ergänzt wird er durch Beiträge von dem Arbeiterfilmfestival
Sendika, das im selben Monat zum zweiten Mal in der Türkei
stattfindet.
Begleitet werden die Filmvorführungen vom 9. bis
16. Mai von Workshops, Installationen und Ausstellungen in einem
Festivalzentrum in der Galerie Neurotitan. Eingeladen sind dazu mehrere
internationale Gäste und eine Vielzahl von Filmemachern. Ein
spezielles Programm für Schüler ab zwölf Jahren bietet
die „junge globale". Die ausgewählten Filme im
Nachmittagsprogramm befassen sich vor allem mit den Lebensbedingungen
von Kindern und Jugendlichen und geben einen ersten Einblick in das
komplexe Thema. Ein „globaleradio" macht sich zur Aufgabe, aus
einem provisorischen Studio Beiträge über das Filmfest zu
senden.
Geplant sind zudem öffentliche Vorführungen in
Zusammenarbeit mit Gegnern des diesen Sommer in Deutschland tagenden
G8-Gipfels. An einem „Salon Global" im Theater HAU 1 wollen sich
die Festivalmacher mit Videoinstallationen beteiligen. Ausgewählte
globale Filme sollen am 17. Mai auf einer Videokundgebung am Boxhagener
Platz kostenlos gezeigt werden.
Der globale scheint damit eine sehenswerte Kombination
aus inhaltlichem Anspruch und künstlerischer Umsetzung zu
gelingen, ohne daß sich die politische Brisanz der Themen in
moralischer Selbstbestätigung verläuft. Auch wenn die eine
oder andere Doku mit viel zu langen Interviews und viel zu kleinen
Untertiteln dabei sein wird, verspricht das Filmfest ein großes
Kino der Globalisierungskritik zu werden.
Philipp Mattern
www.globale-filmfestival.org