Ausgabe 03 - 2007 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Letzter Akt des linken Dramas

Die WASG Berlin macht die Fusion mit der Linkspartei nicht mit

Jetzt, kurz bevor der Vorhang fällt, weiß man, daß das Stück drei Akte hat. Der erste begann vor drei Jahren damit, daß eine Initiative ein Volksbegehren zur Absetzung des rot-roten Senats plante. Das war der Ausgangspunkt für den Berliner Teil der Geschichte der später Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) getauften Partei. Nun steht die bundesweite Fusion von WASG und Linkspartei.PDS kurz bevor – Ende März soll auf parallel stattfindenden Bundesparteitagen beidseitig die Fusion beschlossen und im Juni dann vollzogen werden. Doch der Berliner Landesverband der WASG macht diese Vereinigung nicht mit. Man ist auf dem Weg, eine eigenständige „Regionalorganisation" zu gründen. Mit einigen Abgeordneten in den Bezirksversammlungen will man fleißig weiter machen, etwa gegen die geplante Privatisierung der Berliner Sparkasse arbeiten.

Während in den anderen Bundesländern die jeweiligen Landesorganisationen der beiden Parteien Fusionsgespräche führten, um den „Parteibildungsprozeß" voranzubringen, herrschte in Berlin Schweigen zwischen WASG und PDS. Das liegt vor allem an der Handlung des zweiten Aktes des linken Dramas: Nach langem Hin und Her trat die WASG Berlin im vergangenen September mit ihrer Frontfrau Lucy Redler eigenständig bei den Abgeordnetenhauswahlen an. Die mitregierende Berliner Linkspartei errang ein ernüchterndes Wahlergebnis, die WASG zog nicht ins Abgeordnetenhaus ein. Die offene Feindschaft beider Seiten war besiegelt.

Der dritte Akt bot im Februar dieses Jahres einen Berliner WASG-Parteitag, der sich eindeutig gegen die Aufnahme von Fusionsgesprächen aussprach. Doch Anfang März lud der Bundesvorstand der WASG diejenigen Berliner Mitglieder ihrer Partei ein, die weiterhin mit der Linkspartei ins Gespräch kommen wollten. Zu diesem Zwecke wählte die Versammlung eine Kommission. Dieses Vorgehen stieß auf Kritik: Von „satzungswidrig" bis „Putschversuch" wurde der Versuch der Bildung einer „Parallelstruktur" zum amtierenden Landesvorstand der Wahlalternative bewertet. Schließlich wurde von den Fusionsbefürwortern noch eine Urabstimmung angestrengt, die der Aufnahme der Gespräche doch noch Legitimation verschaffen sollte.

Die recht weit verbreitete Euphorie angesichts des Starts eines neuen Parteiprojekts links der Hartz-IV-SPD, die Anfangs noch die Skepsis überwog, ist längst verflogen. Schon bald war deutlich geworden, daß sich diejenigen durchsetzen würden, die nur die „besseren" Sozialdemokraten sein wollten. Der Eintritt von Oskar Lafontaine in die WASG besiegelte diese Entwicklung. Den Streitern der Berliner Wahlalternative ist zuzugestehen, daß sie ihrer ursprünglich kritischen Haltung gegen die Regierungsbeteiligung der Linkspartei treu geblieben sind. Auf das politische Geschehen der Landespolitik in Berlin haben Lucy Redler und ihre WASG aber kaum einwirken können.

Lorenz Matzat

scheinschlag-Aufsteller

 
 
 
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