Ausgabe 02 - 2007 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Von Männern, die da nicht mitmachen

Mit dem Teddy Award gegen homophobe Verhältnisse

Im Rahmen der Berlinale wurde am 16. Februar zum 21. Mal der schwullesbische Filmpreis Teddy vergeben. Ausgezeichnet wurden der chinesische Spielfilm um die lesbische Liebesgeschichte Spider Lilies von Zero Chou sowie der Dokumentarfilm A Walk Into The Sea: Danny Williams And The Warhol Factory von Esther B. Robinson. Politische Lageberichte gaben während der Verleihung u.a. Klaus Wowereit und der Grünen-Politiker Volker Beck, unterlegt mit Filmsequenzen von der Moskauer Gay Pride im vergangenen Jahr, auf der Beck verprügelt worden war.

Entstanden ist der Teddy Award aus dem „Nachtcafé" im schwulen Buchladen Prinz Eisenherz, der von 1985 bis 1989 im Anschluß an die Vorführung schwullesbischer Filme in der Panorama-Sektion der Berlinale einem interessierten Publikum ein Forum bot, die-se zu diskutieren und weitere Filme anzusehen, die im offiziellen Programm des Festivals keinen Platz fanden. Filmemacher wie Derek Jarman und Gus Van Sant stellten sich hier dem Publikum.

Durch das Engagement des schwulenbewegten Mitbegründers des Arsenal, Manfred Salzgeber, und dem Filmemacher Wieland Speck wurde 1987 der erste Teddy ausgelobt. Seither will der Teddy über die Homo-Szene hinaus schwullesbischen Filmen eine allgemeine und professionelle Medienwirksamkeit verschaffen, die ihnen bis dato versagt blieb. Seit 1992 hat die Berlinale den Teddy als offiziellen Preis ihres Festivals anerkannt. Damit ist er die einzige Auszeichnung für schwule, lesbische und transidentische Filme, die auf einem großen internationalen und nicht explizit homosexuellen Filmfestival verliehen wird.

Der erste Spielfilm, der mit einem Teddy ausgezeichnet wurde, ging an Pedro Almodóvar für seinen Spielfilm Das Gesetz der Begierde. Während es Anfang der achtziger Jahre nur wenige schwule Filme gab, änderte sich das binnen weniger Jahre. Das lesbische Filmschaffen zog erst Anfang der neunziger Jahre so richtig nach. Seit 1997 steigt auch die Beteiligung transidentischer Filme. Aus diesem Grund erweiterte der Teddy 2002 seinen Fokus und wurde zum schwul-lesbisch-transidentischen Filmpreis.

Zur „Vollbärigkeit" des Teddy an seinem 21. Geburtstag herrscht aber nicht nur Jubel und Heiterkeit: „Wir haben uns nie die Frage gestellt, ob wir den Teddy noch brauchen. Man meint, das Thema habe sich erledigt, weil es nun schon schwule Bürgermeister gibt", sagt Speck, „die politische Situation hat sich aber prinzipiell nicht verändert. Das Patriarchat ist immer noch die ruling power auf diesem Planeten, und zwar in jedem einzelnen Land. Und das Patriarchat fühlt sich extrem angegriffen von Männern, die da nicht mitmachen." Von lesbischen Frauen ganz zu schweigen. So ist Homosexualität in vielen Ländern der Welt immer noch per Gesetz verboten. In Saudi-Arabien oder Iran wird gleichgeschlechtliche Liebe mit dem Tod bestraft, und im Irak werden schwule Männer von Miliztruppen systematisch ermordet. Doch nicht nur in der arabischen Welt, auch im südlichen Afrika und großen Teilen Lateinamerikas und Asiens gehen staatliche Institutionen gegen nicht heterosexuell orientierte Menschen vor.

Durch das Renommee der Berlinale verschafft der Teddy Künstlern auch aus diesen Ländern Gehör. Um die Öffentlichkeit geht es auch bei der Kooperation des Teddy mit der Gruppe Menschenrechte und sexuelle Identität von amnesty international. Mit täglich geführten Interviews während der Berlinale macht Teddy Award TV auf seiner Internetseite auch weiterhin mit den Filmausschnitten und Interviews auf die alltäglichen Schwierigkeiten und die staatliche Verfolgung von Schwulen, Lesben und transidenten Menschen weltweit aufmerksam. Der Teddy Award verschafft somit nicht länger „nur" schwullesbischen Filmen und Filmschaffenden Öffentlichkeit, sondern wird selbst zu einer Plattform für die Auseinandersetzung mit homophoben Verhältnissen.

Inett Kleinmichel

www.teddyaward.tv

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