Ausgabe 02 - 2007 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Vom Außen und Innen

Wer ist Rocko Schamoni? Auf jeden Fall jemand, der lange genug Musik macht und sich dabei so sehr verändert hat, daß er sich immer treu geblieben ist. Vom Fun-Punk über den Schlagerfuzzi und Disco-King bis hin zum lässigen Crooner hat Schamoni immer wieder neue Positionen eingenommen und mit ihnen gespielt. Nicht zuletzt, weil er sich nicht vereinnahmen lassen wollte, war er immer schon weg, ehe der Mainstream ankam. Nun mimt er den grantelnden Poeten und gibt sich nachdenklich. Das neue Album, erschienen bei Trikont, trägt keinen Titel und ist musikalisch so glatt wie eine Las Vegas-Showtreppe. Hinter der orchestralen Spiegelfläche verbirgt sich aber kein Glamour. Die Titel sind schlicht gehalten, und heißen mal Leben heißt sterben lernen oder Zu dumm um frei zu sein. Bei solchen Titeln ist wenig Platz für Ironie. So klingt es zwischendurch regelrecht hausbacken, wenn Schamoni im Song Jugendliche über die Jugend der Welt in bester Rentnermanier herzieht und sich über Styles mokiert, die komplett entleert sind. Das alles ist gewöhnungsbedürftig, stand Schamoni der augenzwinkernde Blick und eine gewisse Doppelbödigkeit doch auch immer gut. So gesehen ist dieses Album ein Bruch, und vielleicht hat Schamoni – inzwischen als Buchautor und Schauspieler erfolgreich – die Musik auch satt. Ein wenig klingt diese Platte nach Abschied – was verdammt schade wäre.

Das Außen-Cover von Southern Arts Society (Green Ufos) zeigt im Edward Hopper-Stil eine Tankstelle, die vor dem menschenleeren Horizont in den rotgefärbten Nachthimmel leuchtet. Innen ist dann dieselbe Tankstelle ­ immer noch menschenleer ­ vor einem friedlich blauen Himmel zu sehen. Tatsächlich trifft die Covergestaltung die Musik von Andy Jarman, der sich hinter dem Projekt „Southern Arts Society" verbirgt, ganz gut. Einerseits finden sich hier leicht melancholische Blueselemente, anderseits ist das elektronisch elegant aufgepeppt. So verbinden sich die beiden Welten zu einer Art hyperrealistischem Gesamtwerk. Während der erste Song Midday Sun noch an Neil Young erinnert, spielt der letzte mit dem Titel Silver Surfer mit einem Zitat aus dem Superhelden-Marvel-Comic und ist passend dazu stärker elektronisch geprägt.

Die Musik von MilenaSong auf ihrem Album Seven Sisters (Monika) ist eine Art Klangarchiv, dessen Weite und Größe sich erst nach mehrmaligem Hören offenbart. Zunächst klingt die Musik eher reduziert und verschlossen. Angerissene Gitarrensaiten, verirrte Streicher, elektronische Flächen, verhallte Choräle, Geräusche, die nicht zuzuordnen sind – nach und nach treten dann aber die Versatzstücke in den Vordergrund und lassen die Detailverliebtheit der Arrangements deutlich werden und ergeben ein faszinierendes Ganzes. Vom ersten Track an entfaltet diese Platte eine hypnotische Kraft, und die stülpt sich wie eine Soundblase über die Außenwelt.

Marcus Peter

scheinschlag-Aufsteller

 
 
 
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