Ausgabe 02 - 2007 berliner stadtzeitung
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Jugendliche beim Erwachsenwerden

Mit dem Thema des Erwachsenwerdens haben sich auf der Berlinale besonders viele Macher auseinandergesetzt. Dabei setzten sie ganz auf Authentizität, lebensnah und optimistisch.

Wunderbar und sorgfältig geschnitten ist der Dokumentarfilm Prinzessinnenbad, in dem Bettina Blümner drei junge Frauen aus Kreuzberg vor die Kamera holt. Offen, humorvoll und selbstbewußt erzählen die 16jährigen Mädchen von ihren Vorstellungen über zwischenmenschliche Beziehungen und berufliche Ideen: „Wenn ich groß bin, werde ich mal Pornostar oder Hotelfachfrau, keine Ahnung. Auf jeden Fall will ich bisexuell sein. Wenn gerade kein Typ da ist, schnappe ich mir eine Frau."

Ein kleines Wunderwerk über erstarrte Familien- und Gemeinschaftsstrukturen in der winterlichen Uckermark ist Ann-Kristin Reyels mit Jagdhunde gelungen. Constantin von Jascheroff verkörpert den 16jährigen Lars, einen neuen androgynen Typ jenseits der Geschlechterklischees. Ein taubstummes Mädchen (Luise Berndt) ist seine Gefährtin. Beide haben ihre eigene Sprache gefunden und sind dabei die einzigen, die sich wirklich verstehen. Eine gelungene Geschichte mit offenem Ende, die poetisch erzählt ist und durch ihre hervorragenden Darsteller überzeugt.

Einem ungewöhnlichen Paar begegnen wir auch in Was am Ende zählt von Julia von Heinz. Die 16jährige Carla (Paula Kalenberg) wird auf dem Weg nach Paris um alles, einschließlich ihrer offiziellen Identität gebracht. Aus der Not heraus landet sie beim Bandenchef Rico, der ihr Arbeit verschafft. Sie ist sich für nichts zu fein, weil sie ein klares Ziel vor den Augen hat: Modedesign studieren. Von dieser Beharrlichkeit angezogen ist Lucie (Marie-Luise Schramm), die für Carla ein großes Risiko eingeht. Sie bringt sie dazu, die ungewollte Schwangerschaft durchzustehen und zeigt ihr so einen ganz neuen Weg zu leben und zu lieben. Einer der stärksten Filme des Festivals.

Katrin Rösler

„Prinzessinnenbad" (Deutschland 2007), Regie: Bettina Blümner; „Jagdhunde"(Deutschland 2007), Regie: Ann-Kristin Reyels; „Was am Ende zählt" (Deutschland 2007), Regie: Julia von Heinz.

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