Ausgabe 01 - 2007 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Offen für alle Sprachen und Stilrichtungen

Startschuß für das „Troubadour"-Festival

Foto: Daniel Schmude

Die Spannung steigt. Les schaut dem Auftritt des letzten Musikers bei „Troubadour" zu. In Kürze wird die Jury die Gewinner ermitteln. Ihre Freundinnen machen ihr Mut: „Du bist bestimmt unter den ersten drei."– „Du warst viel besser als der da."– „Der Nachbartisch hat auch für dich gestimmt."

Les produziert gerade hier in Berlin ihre erste Platte. Bisher hat sie Moskau beschallt. Im Schlot präsentiert sie das erste Mal einem größeren deutschen Publikum ihr neues Programm. Der Laden ist brechend voll, alle Sitzplätze sind belegt. Einige drängeln sich an der Bar, um den Bewertungsbogen auszufüllen. Denn hier darf das Publikum mitbestimmen, wer in die nächste Runde kommt. Wer von den sechs Teilnehmern die größte Fangemeinde mitgebracht hat, ist nicht ganz klar, alle erhalten andauernden Beifall. Ein gewiefter Kniff, den Laden zu füllen.

Diesen rein akustischen Singer- und Songwriter-Wettbewerb hat Mckinley Black vor zwei Jahren ins Leben gerufen. Seitdem sie 1998 nach Berlin zog, mauserte sie sich mit ihrer geschulten Stimme und ihrer Gitarre zur prominenten Entertainerin. Sie fühlt sich wohl in Berlin und auf Berlins Bühnen. Was sie jedoch vermißt, ist die Gemeinschaft der akustischen Musikerszene, die sich auf kleinen Bühnen oder Festivals trifft und gegenseitig unterstützt wie in ihrem Heimatland USA. Unterstützung für diesen Wettbewerb erfuhr sie kurioserweise auch eher von Ausländern als von Deutschen. Zum Beispiel von einem indischen Restaurant und den Amerikanischen Betreibern des Schlot und von Berlin Guitars.

Der offene Wettbewerb wird gerne angenommen. Auch Les ist deswegen dabei. „Hier kann jeder mitmachen. Es gibt kein Casting. Dadurch geben sie allen Leuten eine Möglichkeit, sich zu zeigen, egal, was sie machen." Es kostet die Musiker keinen Cent. Diese treffen beim Soundcheck aufeinander und merken, daß das Niveau doch unterschiedlich ist. Da es keine Vorauswahl gibt, sind blutige Anfänger wie auch Profimusiker dabei.

Jeden Monat werden zwei Sieger gekürt, die sich für das Halbfinale qualifizieren. Les ist leider nicht dabei, denn sie schafft es nicht in die nächste Runde. „Schade, denn ich wäre gerne wieder aufgetreten." Beim Publikum kommt ihr Vortrag sehr gut an, der exotische Akzent über den melodischen Akkorden macht die individuelle Note aus. Die Jury mit ihrer Zweidrittelstimmkraft hatte andere Präferenzen. Die Siegerin dieses Durchgangs, Zeph Fingers, bringt Bühnenerfahrung mit. Sie gibt ein ganz klassisches, wohl eingeübtes Repertoire zum besten, manchen ist es allerdings in der Musterform zu langweilig und farblos.

„Troubadour" ist für alle Sprachen und musikalische Stilrichtungen offen. Interessanterweise singen die Ausländer fast ausschließlich auf Deutsch, während die Deutschen englische Texte bevorzugen. Da der Fokus des Wettbewerbs auf das Songwriting ausgerichtet ist, wird nur Originalmaterial präsentiert. Coverversionen oder Interpretationen sowie elektronischen Instrumente sind tabu.

Die Viertelfinale von „Troubadour Modern Ministrels" sind am 5. und 26. April im Schlot zu sehen. Die Künstler, die es dann noch durchs Halbfinale schaffen, werden am 21. Juni 2007 im Maxim Gorki Theater auftreten. Dem Gewinner winken 1000 Euro und Sachpreise. Und beachtliche Öffentlichkeit. Denn alle Finalisten werden im September auf der Popkomm spielen.

Sonja John

scheinschlag-Aufsteller

 
 
 
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