Ausgabe 06 - 2006 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Ein Volk in Waffen

Filme zum 70. Jahrestag der Spanischen Revolution

Mein herrschaftsfreies Streben galt stets der Errichtung einer gewaltlosen Ordnung an Stelle der organisierten Gewalt.

Augustin Souchy in seinen

Erinnerungen Vorsicht Anarchist!

MDieser Tage jährt sich zum 70. Mal der Beginn des spanischen Bürgerkrieges: Am 17./18. Juli 1936 putschte das Militär unter der Führung von General Franco gegen die gerade mal fünf Jahre früher ausgerufene Zweite Spanische Republik. Die im Februar 1936 gewählte Volksfront-Regierung sollte gestürzt und damit eine sozialistische Revolution verhindert werden. Die Volksfront, ein breites Bündnis linker Kräfte, hatte ihren Sieg nur einer knappen Mehrheit verdankt und von Anfang an den Widerstand des nationalistischen Lagers gespürt, einer Allianz aus Rechtskonservativen, Monarchisten, einflußreichen Militärs sowie der katholischen Kirche, die um ihre traditionellen Machtpositionen fürchteten.

Auch in dieser Zweiteilung der spanischen Gesellschaft liegen die Gründe, warum der Militärputsch in einen fast drei Jahre währenden Bürgerkrieg mündete, der zu einer politischen Zäsur in der spanischen Geschichte des 20. Jahrhunderts führte: Mit dem Sieg der nationalistischen Truppen unter General Franco begann eine faschistische Diktatur, die über 35 Jahre bis zu dessen Tod im Jahr 1975 währte, und deren Aufarbeitung in Spanien gerade erst einsetzt.

Der Militärputsch traf auf starken Widerstand in der Bevölkerung, was in einigen Gebieten Spaniens, u.a. im linksliberalen und wirtschaftlich starken Katalonien sowie im Baskenland, zur Bildung bewaffneter Milizen, zur sofortigen Umsetzung der Bodenkollektivierungen und zur Bildung von Arbeiterräten führte, bei der die Anarchisten und ihre Gewerkschaft CNT eine entscheidende Rolle spielten. Die anarchistische Bewegung war anfangs in Spanien wesentlich stärker als die kommunistische, was sich aber im Laufe des Krieges ändern sollte.

Ermöglicht wurde Francos Sieg in nicht geringem Maße durch das Verhalten der übrigen europäischen Mächte. Während sich Frankreich (weil die eigene Volksfront-Regierung innenpolitisch zu schwach war) und Großbritannien (weil es durch die Republik seinen Einflußbereich in Spanien gefährdet sah) für die Nichteinmischung entschieden, hatten Deutschland und Italien den Nationalisten von Anfang an mit Waffenlieferungen, Krediten und der Entsendung von Truppenteilen zur Seite gestanden. Insbesondere die von Hitler nach Spanien entsandte Luftwaffe erlangte durch die Bombardierung zahlreicher Städte und Dörfer traurige Berühmtheit, von der Picassos Gemälde Guernica noch heute kündet.

Durch das Eingreifen der Sowjetunion begann sich das Kräfteverhältnis auf der republikanischen Seite zu verschieben, die Kommunisten gewannen an Stärke und Einfluß. Insbesondere die Anarchisten waren ihnen dabei suspekt, und sie begannen ideologische Grabenkämpfe gegen diese, was das linke Lager nachhaltig schwächte.

Die starke Unterstützung durch Hitler und Mussolini einerseits und Stalin andererseits brachte es mit sich, daß der Spanische Bürgerkrieg in der Folge oft als Krieg zwischen Faschismus und Kommunismus angesehen wurde. Dies stellt jedoch eine unzulässige Verkürzung dar, da seine Ursachen in gesellschaftlichen Konflikten Spaniens wurzeln, die bis weit ins 19. Jahrhundert zurückreichen.

Mit einer kleinen Filmreihe unter dem Titel Ein Volk in Waffen ­ Filme zur spanischen Revolution 1936-1939 erinnert das Lichtblick-Kino an den 70. Jahrestag der Wiederkehr dieser Ereignisse. Drei ganz unterschiedliche Filme werden gezeigt: Bei Pueblos en armas ­ Volk in Waffen handelt es sich um einen 1936 von Mitgliedern der anarchistischen Gewerkschaft CNT gedrehten Film, der 45 Minuten historisches Filmmaterial zeigt. Aus libertärer Sicht werden die Ereignisse des Sommers dokumentiert, der Film bietet den direktesten Zugang zum Thema. Aus dem Jahre 1984 stammt Die lange Hoffnung ­ mit Clara Thalmann und Augustin Souchy in Spanien, von der Medienwerkstatt Freiburg gedreht. Die Filmemacher hatten Clara Thalmann und Augustin Souchy, zwei Anarchisten, die sich nach 1937 zum ersten Mal wieder begegneten, bei einer gemeinsamen Reise nach Spanien begleitet, erzählen im Film deren Geschichte und die der anarchistischen Bewegung und fangen ihre Erinnerungen ein. Als drittes gibt es Land and Freedom von Ken Loach zu sehen. Dieser 1995 entstandene Film erzählt die Geschichte des jungen Kommunisten Dave Carr aus Liverpool, der nach Spanien geht, um gegen Franco zu kämpfen, jedoch nach und nach von den zermürbenden Machtkämpfen innerhalb der Linken immer stärker desillusioniert wird. Dem Regisseur war dabei besonders wichtig, diese ideologische Uneinigkeit zu thematisieren, die auf ihre Weise zum Scheitern der spanischen Revolution beigetragen hat. Ästhetisch erspart er es den Zuschauern dabei nicht, diese mit minutenlangen Diskussionen darüber zu quälen, ob das Akkerland eines gerade eingenommenen Dorfs nun kollektiviert werden soll oder nicht, um ihnen so das wachsende Unbehagen, das Carr empfindet, physisch zu vermitteln.

Allen drei Filmen ist der engagierte Blick gemeinsam, den sie auf die Ereignisse in Spanien werfen, ein Blick, den man sich trotz sommerlicher Temperaturen nicht entgehen lassen sollte.

Carola Köhler

Filmreihe „Ein Volk in Waffen – Filme zur spanischen Revolution 1936-1939", vom 1. bis 5. Juli im Lichtblick-Kino, Kastanienallee 77, Prenzlauer Berg, fon 44058179

 
 
 
Ausgabe 06 - 2006 © scheinschlag 2006