Ausgabe 06 - 2006 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Von Can zu Kinn

Kinn, Karlshorst. Eine Band, ein Album. Das, was ich höre, höre ich gerne, obwohl die hörbaren Teile die Musik nicht rausgeben. Gib her die Slide Guitar. Ich denke nicht dran. Gib mir den Beat heraus. Die Box läßt sich nicht aufschließen. Wie sieht es mit dem Sound aus, kannst Du mir die Technik erklären. Nein, es existiert kein bestimmter Sound-Masterplan. Bestimmt nicht. Nein. Die Improvisationen sind ebenfalls nicht auf einer bestimmten Grundlage entstanden oder gab es eine Ausgangsbasis – auch historisch? Nehmen wir einmal an, Holger Czukay und Improvisation. Can spielte eine große Rolle. Also ja. Dann gibt es die Parallele zu Stockhausen. Nein. Wir hatten die neue Tortoise gehört, das klar. Aha, die Tortoise & Bonnie „Prince" Billy-Platte The Brave And The Bold. Oder war es doch Lambchop? Lambchop in der Spätphase? Nein, ich glaube, es war die rauhe Phase, die glatten Tortoise-Sachen natürlich mit im Ohr, plus paar fluffige Spacemen 3-Akkorde. Spacemen 3 sind sicher eine Macht, was so einen unterschwelligen Drive angeht. Kein Experiment in Komposition, aber in Emotion. Das Sphärische. Ja, dann Emotion in Sound übersetzen – darin waren sie die größten. Laut wie leise. Dazu gibt es bei Kinn durchaus Parallelen – also dieses Zart-Brachiale. Kommt auch ein bißchen wie Black Earth von Bohren & Der Club Of Gore, nicht. Wollte ich gerade sagen, aber ist nicht die Stimmung dagegen extrem fröhlich, offen – ich meine geradezu sonnig und himmelblau gefärbt, also eher so White Earth. Du meinst, es plätschert so schön dahin – Tee und Gebäck werden gleich gereicht; oberflächlich muß man es vielleicht so hören, so „nutzen" können, das Album. Es ist nicht bewußt, also nein, ich meine natürlich nicht unbewußt, also nicht aus dem Bauch – gegen etwas: Jede glatte Stelle resultiert eher aus einer geflickten Naht. Also ich find's todschick.

jg

„Karlshorst" von Kinn erscheint am 7. Juli beim Berliner Sinnbus-Label, Vertrieb über Alive.

 
 
 
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