Ausgabe 03 - 2006 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Ackerkeller schon wieder bedroht

Seinen Namen hat der Ackerkeller von seiner ersten Adresse im 2. Hinterhof der Ackerstraße 12: Dort öffnete 1992 der alternative schwul-lesbische Club, der sich als „Wohnzimmer" in Mitte bald großer Beliebtheit erfreute. Dienstags und freitags ging es dort immer hoch her, auch wenn schon damals wegen ruhebedürftiger Anwohner immer um 2 Uhr, am Wochenende um 4 Schluß mit der Tanzmusik war. Das hinderte das bunte Ackerkeller-Volk nicht daran, sich noch einige Biere hinter die Binde zu kippen, ehe es weiterzog.

Mehr als zehn Jahre konnte sich der Club in der Ackerstraße halten. Dann war endgültig Schluß mit lustig und Alternativkultur. Es folgte eine Phase der Wanderschaft, bis man dann Unterschlupf im Bergwerk in der Bergstraße 68 fand. Im Sommer 2005 konnte der Laden dann von der Ackerkeller-Crew ganz übernommen werden. Weiterhin wird dort ehrenamtlich gearbeitet, sind die Preise human. Und das Veranstaltungsangebot konnte sogar ausgebaut werden: Es gibt dort jetzt Vokü, Fernsehabende und sogar eine abstruse Schlager-Nacktparty, auf der sich alle Geschlechter und Gender tummeln.

Aber Mitte ist inzwischen so spießig geworden, daß der Alternativkultur weitere Daumenschrauben angelegt werden: Allen Ernstes will das Stadtplanungsamt den Clubs und Cafés in „allgemeinen Wohngebieten" Tanzveranstaltungen untersagen. Wer mitten in die Stadt zieht, darf sich also darüber beklagen, daß es nicht so ruhig ist wie in Frohnau ­ und wird dabei auch noch ernstgenommen. Vielleicht siedelt man demnächst Wildschweine in Mitte an, damit die Stadtrandidylle perfekt ist.

Für den Ackerkeller, der von Tanzveranstaltungen lebt und alle behördlichen Auflagen brav erfüllt hat, wäre ein Tanzverbot eine Katastrophe. Die amtliche Behinderung ist umso absurder, wenn man bedenkt, daß auch im Bergwerk schon seit 1994 getanzt wurde. Wir wünschen jedenfalls viel Glück, wenn der Ackerkeller jetzt mit Hilfe der Clubkommission gegen die Behördenwillkür vorgeht.

hb

* www.ackerkeller.de

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