Ausgabe 01 - 2006 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Harsche Töne aus dem Quartier

Das QM Falkplatz hat in fünf Jahren Geld für fragwürdige Projekte verschleudert – eine Bilanz

Nett klingt das nicht, wie sich der Bürgerverein Gleimviertel e.V. vom Quartiersmanagement (QM) Falkplatz verabschiedet. Wenn Heiner Funken in einer Kolumne des Falkblatts den „Damen und Herren vom QM für die geleistete Arbeit" dankt und der Trägergesellschaft S.T.E.R.N GmbH eine „gute Weiterreise" wünscht, dann hängt diesem ironischen Adieu eine ganze Liste von Vorwürfen an. Fünf Jahre Sanierung haben dem Quartier in Prenzlauer Berg offenbar wenig an Nachhaltigkeit gebracht.

Das Viertel hat eine der höchsten Geburtenraten Europas und demzufolge drehen sich viele der stadtplanerischen Neuerungen um Kinder, Schulen und Spielplätze. Die urbane Gebärfreudigkeit paart sich im südlichen Pankow mit einer Bevölkerungsentwicklung hin zu den oberen Einkommensgruppen, aber die Sanierung wurde aus öffentlichen Geldern bezahlt. Und das nicht zu knapp. Was Funken jetzt anprangert, geht über Sanierungsschelte hinaus: einseitige Finanzierung und Ausbau einzelner Kindertagesstätten zu „Kita-Giganten" mit Kindersauna und einem weiteren Umbau, der nicht billig wird. 900000 Euro aus QM-Geldern seien dafür verplant. Für weitere 190000 Euro soll in der Rhinower Straße ein Kleinkinderspielplatz entstehen. Genau gegenüber gibt es bereits einen Spielplatz, und Funken mahnt ein Demokratie-Defizit bei der Planung an. Was als Bürgerentscheid getarnt war, wurde mit den Stimmen der Senatsverwaltung und des QM entschieden, so Funken. Heißen soll der neue Spielplatz „Töne des Dschungels". Treffender liest sich nur der Titel der Erzählung „Vietnam Falkplatz" von Funky Henning Rabe.

Die Liste offensichtlichen Mißmanagements bei der Sanierung ist lang, und meist bleiben nur die Jahreszahlen im vierstelligen Bereich. Herzstück der Stadterneuerung rund um die Gleimstraße ist der Mauerpark. Der ehemalige Grenzstreifen wurde symbolträchtig umgebaut, Neopunker und Besserverdienende teilen sich seither die Anhöhe zwischen Prenzlauer Berg und Wedding. Dessen Gestaltung stagniert nun schon seit längerem wegen einer Streitigkeit zwischen dem Bezirk und dem beauftragten Architekten.

Der neue Kletterfelsen an der „Schwedter Nordwand" über den Bahngleisen am nördlichen Ende des Quartiers ist ein markantes Zeichen der finanzstarken Sanierung. Jetzt fällt auf, daß sich die Kletterwand allzu fließend ins städtische Umfeld eingefügt hat: Auch ohne Betreuung und Sicherung durch den Alpin Club Berlin kann geklettert werden ­ ohne sicherndes Seil jedoch ein Risiko, für das keiner haften will. Die Konsequenz: Bis ein neuer Zaun errichtet ist, müssen die Kletterhacken bis zu einer Höhe von drei Metern wieder entfernt werden. Zaun und Rückbau zahlt der Bezirk Pankow. Wenn Funken hier dem Quartiersmanagement wieder einmal Kurzsichtigkeit unterstellt, hat er für dessen vorschnelle Lust am Bau eine stichhaltige Erklärung: Die Trägergesellschaft S.T.E.R.N. GmbH, Gesellschaft
für „behutsame" Stadtentwicklung, baut eben gern; sie beantragt und rechnet die Quartiersgelder auch gleich ab.

Das Quartiersmanagement am Falkplatz verläßt das Viertel, zwei Kiezbetreuerinnen sollen weitere Projekte in bewohnergetragene Strukturen überführen, und der Bürgerverein scheint nicht wirklich amüsiert. Zehn Jahre ist er schon aktiv, und die fünfjährige QM-Tätigkeit hinterläßt wenig Begeisterung. Kulturprojekte wie das Tivoli haben in der letzten Runde keine Fördergelder mehr vom QM bekommen. Der Kieztreffpunkt und Kulturraum in der Kopenhagener Straße kann sich zwar vorerst noch über Wasser halten, seine Zukunft steht aber in den Sternen.

Als die Schwedter Straße neu gepflastert wurde, setzte sich der Bürgerverein für eine Abgrenzung der Kopenhagener Straße zum benachbarten Aldi-Markt ein. „Keine Aldistraße!" (KAS) hieß die Bürgerinitiative, deren Erfolg ein aufwendig gepflasterter Wendehammer am Ende der Kopenhagener Straße war. Jetzt ist geplant, die Schwedter Straße durch den Mauerpark in den Fernradwanderweg Berlin-Usedom zu integrieren. Dazu müßte sie allerdings erst wieder asphaltiert werden.

Paul vom Hof

scheinschlag-Aufsteller

 
 
 
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