Ausgabe 10 - 2005 berliner stadtzeitung
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Engagement für Bildung

Freiwillige Lesepaten helfen in Grundschulen mit hohem Migrantenanteil

Im Lesegarten der Weddinger Erika-Mann-Grundschule lesen fünf Drittklässler zusammen mit Helga Klocke ein Märchen. Sie wechseln sich ab, jedes Kind liest eine Seite. Helga Klocke hilft bei schwierigen Wörtern wie „Dschungel" und stellt hin und wieder Nachfragen: „Was bedeutet das – vom Regen in die Traufe?" Sie spricht mit den Kindern über den Text, übt nicht nur das Lesen, sondern auch das Verstehen.

Helga Klocke kommt einmal in der Woche vormittags aus Hermsdorf in den Wedding gefahren. Im Juni hat sie von den Lesepaten erfahren: Dem „Bürgernetzwerk Bildung" des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) wurde von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung das Gütesiegel „Ausgezeichnet Schule gemacht!" verliehen. Das Bürgernetzwerk vermittelt Lesepaten aus ganz Berlin an Grundschulen in schwierigen Stadträumen. Zwei bis drei Stunden pro Woche sollen sie hier in kleinen Gruppen mit Schülern Lesen üben. Helga Klocke hat sich gemeldet. So kam sie zur Erika-Mann-Grundschule.

Sie ist nicht die Einzige. In ganz Berlin haben sich bereits mehr als 600 Lesepaten zum regelmäßigen Einsatz bereit erklärt ­ obwohl sich das Bürgernetzwerk Bildung erst im diesem Februar gegründet hat. Mehr als 40 Grundschulen nehmen bereits teil, und immer mehr bekunden ihr Interesse. Leiterin des Projekts ist die ehemalige Schulsenatorin und bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Sibylle Volkholz. „Gerade Kinder aus bildungsfernen Schichten brauchen zusätzliche Unterstützung", sagt sie. Das Bürgernetzwerk vermittelt nicht nur Lesepaten, sondern betreut sie auch. An jeder Schule gibt es Koordinatoren, in der Freien Universität werden Schulungskurse angeboten.

Die Erika-Mann-Schule hat das Angebot dankbar angenommen. Das Konzept war für sie nicht neu ­ auch vorher schon hatten hier Freiwillige während der Unterrichtszeit vorgelesen. Sie kamen, vermittelt über die Freiwilligen- Agentur Wedding, aus dem Kiez. Jetzt aber kommen auch Lesepaten aus anderen Stadtteilen, so wie Frau Klocke aus Hermsdorf, insgesamt etwa ein Dutzend. „Wir könnten noch mehr gebrauchen", meint Karin Babbe, die agile Schulleiterin, „denn jede Klasse wünscht sich einen." Wer einmal daneben gesessen hat, weiß auch warum: Es hilft den Kindern wirklich weiter.

Christof Schaffelder

* VBKI, Bürgernetzwerk Bildung, Fasanenstraße 85, 10623 Berlin, www.vbki.de, Sybille Volkholz: fon 726108-56, e-post: Sybille.Volkholz@vbki.de

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