Ausgabe 5 - 2005 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Yorck59: Räumung am 6. Juni?

Die Besetzungen der Landesparteizentralen von SPD und PDS hatten die beiden Parteien gerade erst dazu bewegt, Unterstützung für die räumungsbedrohte Yorckstraße 59 zuzusagen: Der Hauseigentümer Marc Walter sollte an einen Runden Tisch zitiert und zu einer Lösung des Konflikts und zum Erhalt des Hausprojekts gedrängt werden. Doch während der Besetzung wurde bei der SPD eine kleine Willy-Brandt-Büste entwendet. Kurz darauf tauchte eine Erklärung auf, der „befreite" Willy werde erst zu seinen Genossen zurückkehren, wenn diese sich ihrer Entstehungsgeschichte als linker Bewegung besönnen.

Die Vertreter der SPD widerriefen daraufhin entrüstet ihre Zusagen. Auch wenn die Bewohner der Yorck59 beteuerten, sie seien an dem Coup nicht beteiligt und die Büste kurz darauf wieder auftauchte ­ bei der SPD will man nun nicht mehr mit den Schmuddelkindern spielen. „Die nehmen das als Vorwand, von ihren widerwillig gegebenen Zusagen zurückzurudern", kommentiert eine Bewohnerin der Yorck59.

So grotesk es erscheint, das Schicksal der 60 Bewohner sowie der dort ansässigen Initiativen an eine solche Spaßaktion zu knüpfen, so sehr wird diese Haltung doch in weiten Teilen der Presse gestützt. Angesichts der medialen Rückendeckung ziehen sich die Zuständigen im Senat nun auf die Argumentation zurück, eine Räumung sei juristisch unumgänglich. So sei nun mal das bürgerliche Recht, da könne man nichts machen.

Der Gerichtsvollzieher Thomas Luedtke hat sich inzwischen für Montag, den 6. Juni um 5 Uhr in der Früh angekündigt. Sofern die Bewohner nicht freiwillig gingen, werde er die Räumung mit polizeilicher Gewalt durchsetzen. Die Räumungsbedrohten wollen jedoch nicht klein beigeben. Sie laden dazu ein, zum Räumungstermin das Haus mit „Paten" zu bevölkern, während es im Mehringhof einen Infopunkt für diejenigen geben soll, die auf der Straße aktiv werden wollen.

Bereits im Vorfeld des „Tag Y" werden weitere Aktionen erwartet, um auf eine Absage der Räumung zu dringen. Manche Unterstützer wollen dagegen gerade nach einer Räumung keine Ruhe geben: Erst kürzlich brannte es im Fuhrpark von Peter Hellmich, der 1996 als Hauseigentümer die besetzte Palisadenstraße 59 hatte räumen lassen – eine unmißverständliche Warnung an den Eigentümer der Yorck59.

Tobias Höpner

* www.yorck59.net

 
 
 
Ausgabe 5 - 2005 © scheinschlag 2005