Ausgabe 4 - 2005 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Mont Klamott macht seinem Namen alle Ehre

Bei Tage betrachtet, gaukelt der größte Trümmerberg Berlins, der Teufelsberg, Urlaubsidylle inmitten der Großstadt vor: dicht bewaldet, im Winter von Skifahrern und Rodlern und für den Rest des Jahres von Mountainbikern, Kletterern des Alpenvereins oder Kindern mit Drachen bevölkert. Des Nachts jedoch machen sich auf dem Gipfel des Berges, zu Füßen der weithin sichtbaren Kuppeltürme der ehemaligen Spionagestation der US-Amerikaner, jugendliche „Randalierer" breit, werfen Bierflaschen und feiern. Angelockt werden sie durch Löcher in den Zäunen des ehemaligen Hochsicherheitstraktes und einladend ungesicherte Zugänge zu den geheimnisumwobenen Gebäuden. Aber nicht nur die Parties hier sind heiß, auch die Gemüter von Politikern, Investoren und einer Aktionsgemeinschaft Teufelsberg sind seit Jahren erhitzt.

Nachdem die Amerikaner 1992 ihre Abhörstation aufgegeben hatten, beauftragte der Senat die Berliner Landesentwicklungsgesellschaft mit der Investorensuche für das Gelände inmitten des Landschaftsschutzgebietes Grunewald. Dafür wurde ein kostenintensiver Bebauungsplan erstellt. 1996 zahlte die Gruhl-Investorengemeinschaft fette 5,2 Millionen DM für die 48000 m2 an das Land Berlin. Damit hatten sie sich das Recht erkauft, Eigentumswohnungen, Restaurants, Sportanlagen und ein Fünf-Sterne-Hotel mit Luxusblick über die Stadt zu errichten, eine schon damals von vielen als völlig überdimensioniert kritisierte Planung.

Offensichtlich aber war diese Baumasse nicht nur für Flora und Fauna unverträglich, sondern auch für den Investor selbst. Zunächst speckte er sein Bauvorhaben ab und legte eine bescheidenere Neuplanung vor, bis ihm im Frühjahr 2004 endgültig die Luft ausging und im Herbst gleichen Jahres seine Baugenehmigung auslief.

Dieser Tage hat der Senat das unrühmliche Großprojekt endgültig aufgegeben, und es gibt Bestrebungen, das Gelände planungsrechtlich wieder zu dem zu machen, was es eigentlich ist, nämlich zu Wald.

Geblieben von den großen Plänen sind Löcher ­ Baulöcher, Zaunlöcher und Löcher in den Gebäuden der Alliierten. Letztere aber sind schützens- und erhaltenswert, was nun langsam auch von einigen Berliner Abgeordneten erkannt wird. Jeder kennt die an die siebziger Jahre und James Bond gemahnenden Kugeltürme auf dem Teufelsberg. Sie geben noch immer Anlaß zu wilden Spekulationen über das geheimnisvolle Werkeln des US-amerikanischen Geheimdienstes, und sie sind gebautes Zeugnis des Kalten Krieges; alles in allem sind sie wohl denkmalwert.

vk

 
 
 
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