Ausgabe 02 - 2004 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Mit Handschellen gegen Hundehaufen

Kiezpolizisten sollen Grünflächen kontrollieren

Dort flattert eine Plastiktüte durch die Luft, weiter rechts rollt der Wind Bierdosen über den Gehweg, auf den Wiesen liegen kleine und große braune Häufchen. Der Görlitzer Park ist nicht der Central Park und Berlin nicht New York. Das bedauert Petra Reetz, Pressesprecherin des Senats für Stadtentwicklung: „Beispielsweise der Central Park", erklärt sie aufgeregt, „das ist ein großes Vorbild. Da ist es unheimlich sauber, da haben sie es geschafft." Sie gerät ins Schwärmen. Wenn man dort spazieren ginge, sei das ein ganz anderes Gefühl, als man es derzeit in vielen Parks in Berlin erleben würde.

Da die Parks in Berlin zunehmend „verwahrlosen", die „Menschen immer mehr Dreck machen" und der Stadt immer weniger finanzielle Mittel zur Pflege der öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung stehen, wolle man sich nun an Städten wie New York oder auch Düsseldorf orientieren, sagt Reetz. Dabei kämen weniger „Modelle privater Verantwortung", wie sie die FDP mit der Bündelung mehrerer Parks in der Servicegesellschaft Grün Berlin GmbH vorschlage, in Betracht, vielmehr setze man auf die Einführung von Ordnungskräften, die Geldbußen zu ihrer eigenen Finanzierung eintreiben. Diese sind bereits seit Ende 2003 in Planung: Statt der Polizei, der es an Fachkräften mangelt, sollen demnach ab August jeweils 20 bis 30 „Kiezpolizisten" (SPD und CDU) oder „Parkranger" (Grüne) in den einzelnen Bezirken eingesetzt werden. Sie sollen ordnungspolitische Aufgaben übernehmen und Parks sowie Grünanlagen kontrollieren. Hundebesitzer, die ihre Vierbeiner nicht anleinen oder deren Exkremente nicht unaufgefordert beseitigen, müssen dann zahlen. Auch illegale Grillparties und nicht rechtmäßige Müllentsorgung sollen ab diesem Sommer „gebührenpflichtig" sein. Bußgelder von 25 bis 150 Euro sind im Gespräch. Gegebenenfalls sollen auch Personen festgehalten und ihre Personalien aufgenommen werden können. Die CDU fordert laut Berliner Zeitung für die Kiezpolizisten sogar Handschellen und Pfefferspray, um ihnen eine größere Autorität zu verleihen.

Das Personal für die neuen Ordnungskräfte soll aus einem Stellenpool von 4000 Verwaltungsmitarbeitern rekrutiert werden, die ohnehin auf der Kündigungsliste stehen. Die ausgewählten Mitarbeiter werden umgeschult und für ihre neuen Aufgaben qualifiziert. Über die Finanzierung ist man sich noch nicht ganz einig, und über die Kompetenzen der neuen bezirklichen Einrichtungen wird noch debattiert. Auch ob die Mitarbeiter der Ordnungsämter, wie in Düsseldorf, eine Uniform tragen sollen, ist noch unklar. Seitens der CDU wurde bereits ein Vorschlag in diese Richtung gemacht: Die Kiezpolizisten könnten doch eine landeseinheitliche Kleidung mit dem jeweiligen Bezirkswappen darauf tragen.

Wie die neue Kiezpolizei nun aussieht, ob die Beamten zu zweit oder zu dritt patrouillieren und auch für die Erlaubnis von Straßenfesten, für Falschparken, Vandalismus auf Friedhöfen und das Abschleppen von Autowracks zuständig sein werden, ist noch offen. Jedenfalls dürfte es nicht gerade gemütlich werden, wenn sich „Parkranger" im Geäst herumtreiben, um Notdurft verrichtende Hunde und die Aktivitäten der Parkbesucher zu bespähen. Ist der Haufen dort drüben nun von dem kleinen weißen Terrier oder dem zottligen Promenadenmischling mit den riesigen Ohren? Gehört die Ketchupflasche im Gebüsch zu der türkischen Familie, die eben im Begriff ist, den Park zu verlassen? Oder hatte man sie bereits bei der gestrigen Streife übersehen? Ist das dort drüben eine Grillparty und falls ja – ist sie angemeldet? Immerhin: Der Görlitzer Park könnte zu einer Art Goldgrube werden und vielleicht bald so schön sein wie der Central Park in New York. „Dort ist auch keiner an die Wand gestellt und erschossen worden, sondern es gab saftige Geldstrafen" erklärt Petra Reetz. So soll es denn auch in Berlin sein.

Sonja Fahrenhorst

 
 
 
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