Ausgabe 01 - 2004 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Letzter Halt Neukölln


Abb. aus dem Buch

Wer nach dem Kreuzberg- (2002) und dem Mittebuch (2003) befürchtete, der Verbrecher Verlag hätte eine literarische Reise durch Berlins Szene-Bezirke begonnen, die als nächstes Prenzlauer Berg und Friedrichshain ansteuert, wird jetzt eines Besseren belehrt. Mit dem neuerdings erhältlichen Neuköllnbuch soll die Reihe schon wieder zu Ende sein.

Alle drei Bücher versammeln die unterschiedlichsten Erzählungen, Stadtgeschichten, Essays und auch Illustrationen. Dabei kam es wohl nicht darauf an, daß die Autoren in den inspirierenden Bezirken zuhause sind: Viele lieferten für mehr als ein Buch der Reihe Beiträge, einige schrieben ausdrücklich aus der Sicht eines ortsfremden Besuchers. So entsteht der Eindruck, die Herausgeber hätten alle ihre Kumpels versammelt, um ihnen mittels der Trilogie eine Möglichkeit zu geben, ihre Texte mal wieder einem Publikum zugänglich zu machen. Angesichts einer auf Bestseller versessenen Verlagswelt sollte diese Freundlichkeit des Kleinstverlages aber nicht unterbewertet werden.

Das Projekt übt sich dabei in einer Gratwanderung. Weder sollen die altbekannten Klischees genährt werden, noch bildet man sich ein, man könne endlich ein wahres Bild der Stadtteile liefern. Doch so löblich das Vorhaben ist: Gerade im Versuch, der Mystifizierung der Berliner Kieze zu entkommen, bleiben sie stets auf diese Klischees bezogen. Vielleicht sollte sich der Verbrecher Verlag doch noch mal an Rudow, Mariendorf und Hönow versuchen.

ks

> Verena Sarah Diehl, Jörg Sundermeier, Werner Labisch (Hg.): Neuköllnbuch, Verbrecher Verlag, Berlin 2003. 12,30 Euro

Am 24. Februar um 21.30 Uhr lesen Sarah Schmidt, Sonja Fahrenhorst und Stefan Wirner im Kaffee Burger, Torstr. 60, Mitte, aus dem „Kreuzbergbuch"

 
 
 
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