Ausgabe 01 - 2004 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Das Ende der Bürgschaft

Das Volksbegehren zum Bankenskandal geht in die zweite Phase

Es war mehr als ein Achtungserfolg, den die „Initiative Bankenskandal" am 2. Januar 2004 verbuchen konnte: In sechs Monaten gesammelte 37000 Unterschriften übergab sie an diesem Tag dem Innensenat, etwa 12000 mehr, als notwendig gewesen wären, um die zuständigen Instanzen zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Begehrens zu zwingen.

Was die Unterzeichner eint, dürfte inzwischen bekannt sein: Ziel ist der radikale Bruch mit den völlig aus dem Ruder gelaufenen Interessen von Großinvestoren und der Absicherung ihrer Risiken durch das Gemeinwesen, die jenseits demokratischer Kontrolle geleistet wird. Das mit über 50 Mrd. Euro verschuldete Land Berlin hat durch das „Risikoabschirmungsgesetz" eine zusätzliche Schuldenlast von 21,6 Mrd. Euro am Hals, eine Summe, die sich mittelfristig auf mindestens 40 Mrd. Euro erhöhen wird. Diese Entwicklung und die parteiübergreifende Konzeptlosigkeit seitens der Politik ist eine schallende Ohrfeige für diejenigen, die akut vom radikalen Bildungs-und Sozialabbau des Senats betroffen sind.

Deshalb fordert die Initiative Bankenskandal, die Bankgesellschaft Berlin AG in die kontrollierte Insolvenz zu führen und die Landesbank Berlin aufzulösen. Haften soll das Land Berlin dann lediglich für die Spar-und Giroeinlagen der Privatkunden; die Sparkasse des Landes Berlin würde als Anstalt des öffentlichen Rechts wiederhergestellt, die Investitionsbank Berlin als ebensolche Anstalt weitergeführt. Gegner des Vorhabens argumentieren mit drohender Arbeitslosigkeit der kleinen Angestellten ­ schön, daß die sich auch mal über Dinge Gedanken machen, die sonst bestenfalls als Kollateralschäden bezeichnet werden.

Für den weiteren Verlauf der Aktion ist zunächst wichtig, ob der Senat das Begehren zulassen wird; die Entscheidung wird am 2. Februar erwartet. Zwar ist ein Volksbegehren, das in den Landeshaushalt eingreift, rechtlich unzulässig, jedoch würde eine Entscheidung im Sinne der Initiatoren den Etat deutlich entlasten und keine zusätzlichen Kosten verursachen. Diese Tatsache stellt eine Premiere im deutschen Recht dar, weshalb die Initiative Bankenskandal Verfassungsklage einreichen will, wenn ihre Forderung abgelehnt wird. Sollte dem Antrag jedoch stattgegeben werden, gilt es, all jene Berliner zu mobilisieren, denen es nicht egal ist, ob ihrer bereits dahinsiechende Stadt zugunsten krimineller Gewinnabschöpfung Einzelner weiterer Schaden zugefügt wird. Dann müssen innerhalb einer Frist von zwei Monaten (frühestens zwischen dem 16. Februar und dem 15. April 2004) zehn Prozent der Berliner Wahlberechtigten (etwa 248000 Menschen) das Volksbegehren unterschreiben. Und diesmal nicht auf von der Initiative verteilten Unterschriftsbögen, sondern in vom Landeswahlleiter festgelegten Amtsstellen.

Um diese ungleich höhere Zahl von Unterschriften zusammenzutragen, plant die Initiative, ihr Netzwerk konsequent auszubauen. Jeder kann sich dabei als Multiplikator nützlich machen, indem er Läden und Organisationen in Nachbarschaft und Bekanntenkreis als Infopunkte gewinnt, Nachbarn und Freunde informiert oder aber sich einfach nur an der Umfrage des Stadtmagazins Tip zum peinlichsten Berliner beteiligt. Einen Platz dort auf dem Treppchen hat der Vorstand der Berliner Bankgesellschaft ganz sicher verdient.

Thomas Gensheimer

> Informationen unter: www.berliner-bankenskandal.de

 
 
 
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