Ausgabe 09 - 2003 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Eine neue Zunfthalle im alten Schlachthof

Zurück in die Zukunft könnte das Vorhaben heißen, das auf einem Teil des ehemaligen Schlachthofgeländes in Prenzlauer Berg im Sommer 2005 Wirklichkeit werden soll. In der früheren Rinderauktionshalle an der August-Lindemann-Straße ist ein Projekt geplant, das an alte Zeiten erinnert. Da trafen sich die Bürger an zentralen Orten wie dem Marktplatz oder vor der Kirche, um Lebensmittel zu erstehen, zu essen und zu trinken und ein Schwätzchen zu halten. Auf dem etwa 16000 m2 großen Areal entsteht eine Zunfthalle, wie die Betreiber ihr Projekt nennen. 20 Millionen Euro soll das kosten, sagt die Projektentwicklerin Bettina Brötel. Westlich der 120 Jahre alten, neunschiffigen Basilika rundet der künftige Blankensteinpark auf rund zehn Hektar das Vorhaben ab.

Von der Rinderauktionshalle bleibt nur das Gerüst stehen ­ darunter die 320 gußeisernen Säulen, die das Dach tragen. Zwei etwa zehn Meter breite Passagen, die auf das Zentrum des angrenzenden Parks zielen, trennen die Halle in drei Teile. Die Nutzfläche beträgt rund 14000 m2. Der mittlere Teil ist nach dem Motto „Gemeinschaft halten" mit Restaurant, Bar und Orangerie der Gastronomie vorbehalten, ein Treffpunkt für die Besucher. „Die einfachen Dinge", wie die Betreiber verkünden, sind in der neuen Markthalle im nördlichen Segment zu kaufen. Dabei schweben den Initiatoren vor allem lokale und saisonale Produkte vor. Der wohl interessanteste und größte Teil des Vorhabens ist im Süden der Anlage in der künftigen Manufakturenhalle untergebracht. Dort soll „Vergangenes neu erfunden" werden, so die Absicht der Bauherren. In dem etwa 4700 m2 großen Bereich bieten Handwerker und Dienstleister ihre Produkte an und legen dabei besonderen Wert auf eine individuelle Absprache mit ihren Kunden. Der direkte Kontakt zwischen Hersteller und Verbraucher soll damit wieder hergestellt werden, sagt Brötel, die industrielle Massenproduktion habe diesen Dialog unterbrochen.

Die Mischung aus „kommunikativem, dritten Ort", neben Wohnung und Arbeitsplatz, sowie lokaler Identität sei das Konzept der Zunfthalle; Brötel spricht gar von einer „Renaissance des öffentlichen Raums". Die bauliche Struktur der Halle wird ab nächsten Sommer mit neuen Techniken und Material ergänzt. Dann beginnen die Sanierungsarbeiten mit Teilabriß und Neubau, Sprinkleranlage mit eigenem Wasserreservoir und vor allem viel Glas. Das Geld für das umfangreiche Vorhaben stamme aus privaten Quellen, betont Brötel. Auf Subventionen wolle sie lieber nicht bauen, fügt sie hinzu. „Wichtig ist es, der Halle eine Zukunft zu geben", ist ihre Ansicht. Auf dem riesigen Gelände des Schlachthofs sind in der Zwischenzeit Gewerbehöfe entstanden, Wohnungen gebaut worden und weitere geplant. Zunfthalle und Blankensteinpark stünden im Zentrum des Gebiets, ein vortrefflicher Standort für das Vorhaben. Jede Menge Leben drumherum und ein Treffpunkt in der Mitte: wie in alten Zeiten

Stefan Eckhardt

 
 
 
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