Ausgabe 09 - 2003 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Lohnbetrug auf Berliner Baustellen

Am 24. Oktober folgten ein paar hundert Menschen einem Aufruf der Flüchtlingsinitiative Brandenburg (FIB) und der antirassistischen Gruppe Elexir-a und zogen zur Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM), um nicht bezahlte Löhne für afrikanische Arbeiter einzutreiben. Bereits im Juni war man mit diesem Vorgehen erfolgreich und konnte die WBM dazu bringen, ihrerseits Druck auf ihre Subunternehmer auszuüben, 13500 Euro ausstehender Löhne auf ein Konto der Unterstützergruppe zu überweisen (siehe scheinschlag 6/03).

Dieser Erfolg hat sich herumgesprochen: Einerseits ließ das Arbeitsamt am 2. Juli von der Polizei eine Razzia auf der betroffenen WBM -Baustelle in der Rathauspassage durchführen; schließlich haben afrikanische Einwanderer häufig keine Arbeitserlaubnis und arbeiten deshalb schwarz. Andererseits meldeten sich 23 weitere Bauarbeiter, die für fünf unterschiedliche Subunternehmen auf derselben Baustelle arbeiteten und um insgesamt 31000 Euro geprellt wurden.

Die Großbaustelle in der Rathauspassage steht stellvertretend für die Situation am Bau in der gesamten Stadt: In einem unübersichtlichen Geflecht von Subunternehmen übernehmen nacheinander immer neue Firmen die Arbeiten, wenn der Vorgänger Pleite macht oder dessen Arbeiter nicht mehr bereit sind, ohne Lohn zu ackern. Wegen des ungesicherten Status vieler Arbeiter steht das Gesetz faktisch auf der Seite der dubiosen Firmen. So erzählte einer der betrogenen Arbeiter auf der Kundgebung, daß, wenn sie ihren Lohn forderten, der Chef sich für nicht zuständig erklärte oder kurzerhand die Polizei rief.

Deshalb nehmen FIB und Elixier-a die WBM als Generalunternehmerin in die Verantwortung. Diese zeigte sich bisher von der Nachweisbarkeit des Lohnbetruges beeindruckt und durchaus kooperativ. In den Verhandlungen, in denen es neben dem ausstehenden Lohn auch um die Arbeitsbedingungen, insbesondere die Arbeitssicherheit geht, konnten der WBM bereits Zusagen über die Zahlung von 12000 Euro entlockt werden. Was die noch fehlenden 19000 Euro angeht, gab sich der Vertreter der Flüchtlingsinitiative Brandenburg kämpferisch: „Legal oder illegal, wir kriegen unser Geld!"

Søren Jansen

 
 
 
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