Ausgabe 08 - 2003 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Kurznachrichten

schildkröte

Nicht nur die unzähligen Kulturinstitutionen, die auf ABM angewiesen sind, leiden unter dem Umbau des Zweiten Arbeitsmarktes. Während andernorts über Zwangsabgaben für Betriebe diskutiert wird, die keine Ausbildungsplätze anbieten, mußte die Sozialkantine „Schildkröte" in der Wolliner Straße 18-19 in Mitte schließen. Das Arbeitsamt zahlt nicht mehr. Die 25 Azubis, die in dem Gewerbehof nicht nur hohe Gastronomie lernten, sondern auch ­ eine Marktlücke ­ relativ billiges Essen verkauften, werden aber wohl weiterhin Kunden des Arbeitsamtes bleiben: Größtenteils haben sie keinen Schulabschluß. Die gleichnamige Sozialkantine in der Kreuzberger Boppstraße 7 bleibt uns zum Glück erhalten.

amtsschimmel

Laut wiehert der Amtsschimmel in den Schulbehörden. Weil dem Senat die Lehrmittelfreiheit zu teuer war, müssen seit Schuljahresbeginn die Eltern die Bücher kaufen, es sei denn, sie sind nachweislich zu arm. Was aber, wenn sie keinen Nachweis erbringen und ihre Kinder dennoch ohne Buch zur Schule kommen? Kein Problem ­ schließlich sind die Schulbüchereien, die bisher für die Lehrmittel zuständig waren, noch rappelvoll. Man könnte die Bücher also bis auf weiteres einfach verschenken. Weil das aber seinen Ordnungssinn verletzt, hat Bildungssenator Klaus Böger nun die Bezirke aufgefordert, die säumigen Eltern mit einem Zwangsgeld zu belegen. Wo also der Schulleitung keine ordentlichen Sozialhilfebescheide vorgelegt werden, müssen die Eltern ihr Geld entweder der Schulbehörde geben oder in die Buchläden tragen ­ während Millionen ungenutzter Schulbücher in den Kellern verstauben.

immobilienhai

Am 4. November kommt das Haus Schwarzenberg am Hackeschen Markt unter den Hammer. Die Eigentümer wollen es meistbietend an einen beliebigen Immobilienhai verkaufen, was angesichts der hohen Bodenpreise in der Gegend wohl das Ende des selbstverwalteten Kulturprojekts bedeuten würde. Nachdem bei einem ersten Versteigerungstermin niemand bieten wollte, rechnen die Nutzer nun mit einer ernsthaften Übernahmeschlacht. Sie wollen das Haus selber erwerben, wofür sie sich der Unterstützung der Bezirks-, Landes- und Bundespolitik sowie des Sozialpädagogischen Instituts (SPI) versichert haben. Das SPI ist als Treuhänder des Landes u.a. als Quartiersmanager tätig; im Schwar-zenberg könnte es als Käufer und Vermieter auftreten, bis eine eigene Stiftung den Laden übernehmen kann. Zur Zeit startet eine neue Solidaritäts- und Sammelkampagne. Informationen unter www.haus-schwarzenberg.org oder direkt beim Schwarzenberg e.V., Rosenthaler Straße 39, Mitte.

reißwolf

Seit Jahren sorgt die Berliner Bankengesellschaft mit korruptem Geschäftsgebahren und erfolglosen Prozessen gegen die eigenen Ex-Manager für Skandale. Inzwischen schreibt sie zwar wieder schwarze Zahlen. Doch glaubt man der „Initiative Berliner Bankenskandal", ist das vor allem Ausgründungen sowie nebulösen Transaktio-nen geschuldet. Die Risiken für das Land sind weiterhin enorm, da es nach dem Risiko-Abschirmungsgesetz mit bis zu 21,6 Mrd. Euro für die mißratenen Immobilienkredite der Bankgesellschaft haftet. Die Initiative plant nun ein Volksbegehren, um das Gesetz in den Reißwolf zu schicken. Für die Zulassung müssen bis Ende des Jahres 25000 Berliner unterschreiben. Die Unterschriftenlisten sind erhältlich bei: Initiative Berliner Bankenskandal, Prinzenallee 58 f, 13359 Berlin. Informationen unter www.berliner-bankenskandal.de

termine

> Am Mittwoch, den 8. Oktober um 20 Uhr kann man sich im A6-Laden in der Adalbertstraße 6, Kreuzberg, über die Klinik-Privatisierungen und die Auswirkungen für die dort Beschäftigten informieren. Auch Möglichkeiten der Gegenwehr werden erörtert.

> Noch bis zum 26. Oktober ist im Bikini-Haus, Budapester Straße 48, Charlottenburg, die Ausstellung „Pirated Spaces – Informal Architecture" zu sehen. Es geht um „Zwischenräume", die als „legale Schlupflöcher" durch die staatliche Stadtplanung genutzt werden. Di-Sa von 14 bis 19 Uhr, Information unter www.trans-formers.org

> „Die Ostdeutschen als Avantgarde" – Wolfgang Englers Buch über das als exemplarisch beschriebene Ende der Arbeitsgesellschaft nach dem ostdeutschen Umbruch schlägt vor, sich dem Problem mit neuen Formen gesellschaftlichen und persönlichen Lebens zu stellen: Vorbild Ossi. Am 30. Oktober liest und diskutiert Engler um 18 Uhr im al globe, Charlottenstraße 31, Potsdam.

> Das jüngst gegründete „Berliner Sozialforum" bemüht sich um eine breite Mobilisierung zum Europäischen Sozialforum vom 12. bis 13. November in Paris. Arbeitstreffen jeden ersten Montag im Monat um 19 Uhr im Familiengarten, Oranienstraße 34, Kreuzberg. Kontakt über fon 0172/9169800

scheinschlag dankt

für die überwältigende Beteiligung an der Leserumfrage. Bis zur Verlosung der Preise ist noch Zeit, und mit Demut wartet die Redaktion weiter auf Lob und Kritik. Schreibt! Füllt aus! Sagt uns, was Sache ist. Noch bis zum 7. Oktober auch online.

scheinschlag sucht

weiterhin Leute, die über Stadtentwicklung und Stadtpolitik schreiben können und wollen: Stadtentwicklung, Sozialpolitik und den gesellschaftlichen Wandel in Berlin. Bei Interesse wendet euch bitte an die Redaktion: fon 28599063, e-post info@scheinschlag.de

scheinschlag lädt ein

zum Offenen Redaktionstreffen ins Café Village Voice, Ackerstraße 1a. Wir freuen uns auf künftige Autoren, auch Neugierige sind willkommen. Das nächste Treffen findet am Samstag, dem 11. Oktober, um 14 Uhr statt.

 
 
 
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