Ausgabe 07 - 2003 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Kurznachrichten

vorstoßen

Der Bundestag hat gewonnen. Die letzten Bewohner der Plattenbauten an der Luisenstraße in Mitte haben ihren Widerstand aufgegeben und ihre Wohnungen geräumt. Im Oktober werden die Gebäude abgerissen. Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, das Ende des Jahres die Bundestagsbibliothek aufnehmen soll, verfügt somit über eine freie Ostfront, was seinen Architekten, Stefan Braunfels, zu der Bitte bewog, noch ein Stückchen weiter bauen zu dürfen. Angesichts der bisherigen Erfahrungen mit seiner lagerhallenartigen Architektur wird sein Vorstoß wenig Freunde finden. An die Stelle der Platten soll eine Bundestiefgarageneinfahrt treten.

nachbauen

Nicht nur der Palast der Republik, sondern auch der sog. Schloßplatz davor braucht eine „kreative Zwischennutzung". So forderte es die grüne Bundespolitikerin Franziska Eichstädt-Bohlig. Aber nicht ein Campingplatz ist gemeint, sondern echte Hochkultur. Wilhelm von Boddien, der Chef des Fördervereins zum Wiederaufbau des Stadtschlosses, ist nämlich noch den Beweis schuldig, daß man die hochgerühmte barocke Verzierung der Schloßfassade heutzutage überhaupt nachbauen kann. Er solle darum eine öffentliche Steinmetz-Werkstatt einrichten, wo die Besten des deutschen Handwerks zeigen können, was „gelungener Skulpturennachbau" ist. Boddien hat andere Prioritäten und will dem armen Platz etwas noch Kreativeres zumuten: eine Info-Box nach Vorbild des Potsdamer Platzes.

vorreiten

Zwei Jahre, nachdem die Immobiliengesellschaft Vivico den RAW-Verein mit einer Kündigung an den Rand der Katastrophe brachte, ist das Friedrichshainer Off-Kultur-Zentrum guter Hoffnung. Im Juli stellte der Senat 400000 Euro für Sanierungsarbeiten zur Verfügung. 14 Stellen werden vom Arbeitsamt finanziert, und mit Hilfe des Bezirks ist für ein Gebäude inzwischen auch ein Mietvertrag da. Der Vereinsvorstand erwartet nun einen Ansturm von „Existenzgründern", die den Bezirk zu einem „prosperierenden Kulturstandort" machen werden.

nachzüchten

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung weist darauf hin, daß das Aussetzen von „illegalen Fremdlingen" in unseren „heimischen Gewässern" verboten ist. Bevor man also einen Amerikanischen Ochsenfrosch erwirbt, sollte man darauf gefaßt sein, daß diese „Faunenverfälscher" „die Vorstellungen der Gartenteichbesitzer sprengen" könnten. „Das Entweichen der Tiere muß durch geeignete Maßnahmen verhindert werden". Da sie äußerst integrationsunwillig sind, darf man sie nur mit „rechtmäßigen Nachweisen" kaufen, z.B. „Nachzuchtnachweisen" der EU. Soll wohl heißen, daß eine Aufenthaltsgenehmigung nur den hier Geborenen gewährt werden kann. Ähnlichkeiten mit anderen Gesetzesbestimmungen sind rein zufällig.

vorbeugen

Am 18. und 19. September tagt in Berlin die Konferenz der europäischen Bildungsminister. Themen sind europaweite Bildungsstandards, neue Universitätsmodelle und wohl auch Maßnahmen zur Liberalisierung des „Bildungsmarktes". Parallel dazu plant ein Bündnis von Initiativen, Verbänden und Gewerkschaften ein „Europäisches Bildungsforum", wo die Vorschläge analysiert und vorbeugend Gegenentwürfe erarbeitet werden sollen ­ und zwar „von unten". Die überraschend große Resonanz stellt die Veranstalter vor ein Problem: Es fehlen Betten.

Angebote über fon 85070695 oder an beds@eef2003.org

Information unter www.eef2003.org

termine

> Das Museum Kreuzberg-Friedrichshain bietet zum Tag des offenen Denkmals am Samstag, den 13. September, um 10 und 14 Uhr Führungen „mit Blikken hinter die Zuckerbäckerfassaden" der ehemaligen Stalinallee an. Anmeldung unter fon 505852-46 oder -33.

> Der alljährliche „Tag der Mahnung" an Rassismus, Neonazismus und Krieg naht. Am 14. September laden die Organisatoren zu Ausstellungen, Musik und Theater, Gesprächen und Informationsveranstaltungen ein. 13 bis 18 Uhr am Marx-Engels-Forum, Mitte.

> Ob man ihn nun einen „Pionier der modernen Stadtplanung" nennen will oder nicht – der Einfluß James Hobrechts auf die Mietskasernenstadt Berlin war enorm. Eine Ausstellung im Museum Mitte, Am Festungsgraben 1, informiert bis zum 4. Januar über den Baustadtrat und die städtebaulichen Probleme seiner Zeit.

> Wer kennt sie nicht – die Volvo-fahrenden Idealeltern, die ihre Kinder am liebsten noch die Treppen hinauf chauffieren würden, damit ihnen nichts passiert. Zum Aktionstag „Zu Fuß zur Schule" informiert der FUSS e.V., unterstützt von Familien- und Umweltministerium, über eine naheliegende Alternative. Ab 2. Oktober an allen Grundschulen.

scheinschlag bietet

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immer wieder Leute, die über Sozial- oder Umweltpolitik schreiben können und wollen: Bezirkspolitik von oben wie von unten, Stadtentwicklungstendenzen, außergewöhnliche Kulturprojekte und den gesellschaftlichen Wandel in Berlin. Bei Interesse wendet euch bitte an die Redaktion: fon 28599063, e-post info@scheinschlag.de

scheinschlag lädt ein

zum Offenen Redaktionstreffen ins Café Village Voice, Ackerstraße 1a. Über künftige Autoren freuen wir uns, auch Neugierige sind willkommen. Das nächste Treffen findet am Sonnabend, dem 13. September 2003, um 14 Uhr statt.

 
 
 
Ausgabe 07 - 2003 © scheinschlag 2003