Ausgabe 06 - 2003 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Zwei Monate ohne Lohn geschuftet

Erfolgreiche Proteste gegen landeseigene Wohnungsbaugesellschaft

Schwere Vorwürfe erhoben am 11. Juni die Brandenburgische Flüchtlingsinitiative (BFI) und die antirassistische Initiative Elexir-a gegen die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM). Auf einer Kundgebung vor dem Unternehmenssitz im Zentrum Berlins warfen sie der Firma vor, 19 afrikanische Arbeiter um ihren Lohn geprellt zu haben. Sie waren für Abbrucharbeiten beim Umbau der Rathauspassagen auf dem Alexanderplatz angeheuert worden. „Wir haben zwei Monate geschuftet, Schutt abgeladen und andere schwere Arbeit gemacht, und haben dafür keinen Cent gesehen", erklärte einer der sichtlich wütenden Betroffenen, der nicht namentlich genannt werden will.

„Meistens scheuen die Betroffenen den Schritt an die Öffentlichkeit. Das ist diesmal anders", erklärte Ulf Schreiner von der Antirassistischen Initiative (ARI). In einem Redebeitrag setzte sich die ARI für Mindestrechte für alle Arbeiter unabhängig von ihren Aufenthaltsstatus ein: „Nicht Razzien und permanenter Druck auf migrantische ArbeiterInnen sichern bessere Arbeitsverhältnisse, sondern Mindeststandards für alle Arbeiter und Arbeiterinnen."

Das scheinen allerdings führende Funktionäre der für die Bauwirtschaft zuständigen IG-Bau anders zu sehen. Während sich ein Vertreter der IG-Bau aus Hamburg mit einer Grußadresse an die Kundgebung eindeutig hinter die Forderung der afrikanischen Arbeiter stellte, war von der Berliner IG-Bau auf der Kundgebung nichts zu hören. Stattdessen hetzte ein Berliner IG-Bau-Sekretär in einem Gespräch mit einem Journalisten vom Neuen Deutschland gegen illegale Arbeiter und forderte verstärkte Razzien.

Der Widerstand hatte dennoch Erfolg. WBM-Sprecherin Birgit Stötzer drückte schon im Vorfeld der Demonstration in einer Stellungsnahme das Bedauern darüber aus, „daß ein solcher Fall auf der Baustelle aufgetreten ist und bisher von der beteiligten Firma nicht im Sinne der Arbeitnehmer geklärt wurde". Allerdings sei die Wohnungsbaugesellschaft nicht für die ausstehenden Löhne verantwortlich, betont Stötzer. „Die WBM hat die entsprechende Abbruch-Firma für ihre Leistungen in vollem Umfang und pünktlich bezahlt." Die von der WBM beauftragte Firma wiederum hatte das Neuköllner Subunternehmen AK-ER Hochbau GmbH mit den Arbeiten beauftragt.

Am Nachmittag des 11. Juni verpflichtete sich die WBM in einer schriftlichen Erklärung, die Auszahlung der bisher verweigerten Lohnsumme in Höhe von 13500 Euro durch ihr Subunternehmen sicherzustellen. Die Zahlung erfolgte zehn Tagen später.

„Wir sehen dies als Erfolg in zweierlei Hinsicht: Erstens übernimmt die WBM als Generalübernehmer der Baustelle die politische Verantwortung für die Arbeitsbedingungen auf dieser Baustelle. Zweitens wurde in einer Klausel festgehalten, daß sich die WBM auch in weiteren Fällen, wenn diese bekannt und dokumentiert werden können, um die Durchsetzung der Lohnansprüche bemühen wird", heißt es in einer Presseerklärung der antirassistischen Initiativen.

Dieser Erfolg sollte eine Ermunterung für alle sein, die sich gegen soziale und rassistische Unterdrückung wehren. Der Kampf muß dabei nicht nur gegen die Konzerne und ihre Subunternehmen gehen, sondern auch gegen die Verwalter der „deutschen Arbeit" in den Vorstandsstuben der Berliner IG-Bau.

Peter Nowak

 
 
 
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