Ausgabe 06 - 2003 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Wehleidige Töne

Die Bürgerbeteiligung zum Alex läßt die wichtigen Fragen unbeantwortet

Das sogenannte „Internet-Forum", eine Online-Bürgerbeteiligung zur Gestaltung des Alexanderplatzes (s. scheinschlag 4/03), verläuft nicht ganz nach Plan. Unterstellt man der Senatsverwaltung, die Öffentlichkeit quasi durch die Hintertür an ihre Vorstellung des zukünftigen Alex gewöhnen zu wollen, dann kann dies somit als gescheitert angesehen werden. Schon die Ideensammlung zur Gestaltung dessen, was vom Platzbereich des Alex einmal übrig bleiben könnte, machte vor allem eines deutlich: Mit der Ansammlung von monströsen Blöcken und Hochhäusern, die der geltende Bebauungsplan (B-Plan) vorsieht, ist außerhalb der Senatsverwaltung wohl niemand zufrieden. Auch auf der Bürgerversammlung am 14. Mai im Hotel Park Inn konnte sich kaum jemand mit der vermeintlichen Zukunft des Alex abfinden. Selbst auf dem Podium herrschten durchwegs wehleidige Töne.

Zur Erinnerung: Bis auf das Haus des Lehrers und den beiden Behrensbauten vor dem Bahnhof will der Senat die gesamte Umgebung des Alexanderplatzes abreißen und mit insgesamt zehn Hochhausblocks verbauen lassen. Der verbleibende Feiflächenanteil schrumpft gegenüber dem heutigen Zustand um über die Hälfte und ist von gewaltigen Baumassen umsäumt. Auf dieser Grundlage kann man sich zwar „mehr Grün", „mehr Sportflächen" und eine „bessere Verweilqualität" wünschen. Aber das dazu notwendige Flächenpotential ist restlos verplant.

Es steht also eine Grundsatzentscheidung an: Zieht man den über zehn Jahre alten Kollhoff-Plan gegen den Willen der Berliner Bevölkerung durch oder läßt man eine neue Grundsatzdebatte zur Zukunft des Alex zu? Die Beschwörungen des Senats, der B-Plan sei unveränderbar, wirken peinlich. Ein gültiger Bebauungsplan läßt sich mit einer Mehrheit im Abgeordnetenhaus ändern, und angesichts der Berliner Pleite könnten die Investoren sich vielleicht auch einmal etwas sparen: ihre Regreßforderungen.

Der Alex ist jedenfalls keineswegs so unbeliebt, wie er immer dargestellt wird; Ideen zu seiner Ausgestaltung sind vorhanden und sollten weiterentwickelt werden.

Carsten Joost

 
 
 
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