Ausgabe 03 - 2003

berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Kollektive Staffelmiete

Ein neuer Mietspiegel ist da, und ein qualifizierter noch dazu. Am 27. März stellte Stadtentwicklungssenator Peter Strieder das neue Berechnungssystem für Maximalmieten der Presse vor. Wie schon seine Vorläufer beruht auch der neue Mietspiegel auf den „ortsüblichen Vergleichsmieten", die seit 2000 weiter gestiegen sind, im Osten um 10,9 Prozent. Für eine 60-90 qm-Wohnung in einfacher Wohnlage gelten jetzt 6,14 Euro pro qm kalt als normal und erlaubt.

Für Ärger sorgt vor allem der neue Berechnungsmodus: Um extreme Ausnahmewerte auszuschließen, floß bei früheren Erhebungen das teuerste Sechstel (West) bzw. Achtel (Ost) der Mieten nicht in die Statistik ein. Jetzt blieb nur das oberste Zehntel unberücksichtigt, was eine eine Extra-Erhöhung bei 42 von 177 Wohnungskategorien bedeutet, und zwar um bis zu 27 Prozent. Aus Protest waren die Mieterverbände aus den Verhandlungen ausgetreten; Strieder drehte das Ding mit der Vermieterseite alleine.

Immerhin: Der neue, „qualifizierte" Mietspiegel ist rechtsverbindlich. Er stellt, so Gerhard Eichmann von der Berliner Mietergemeinschaft, ein „überlegenes Beweismittel" dar, das den Mietern gute Dienste leisten kann, wenn ein Vermieter allzu freche Erhöhungen durchsetzen will.

An den Gründen für die kontinuierlichen und flächendeckenden Mieterhöhungen ändert sich freilich nichts. Alle drei Jahre darf die Miete um 20 Prozent steigen – besonders in den Ostberliner Altbauvierteln, wo die Sanierungskosten dazukommen, stellt der Mietspiegel eine Art kollektive Staffelmiete dar. Während die Einkommen seit Jahren stagnieren, wird hier nach wie vor grundsaniert und hochmodernisiert, was das Zeug hält. Das Steuerrecht unterstützt den Generalumbau und gibt einfachen Instandsetzungen kaum eine Chance: Die höchsten Abschreibungsquoten werden mit einer maximalen „Wohnwertverbesserung" erzielt. Und die höchsten Mieten sowieso.

jt

 
 
 
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