Ausgabe 01 - 2003 berliner stadtzeitung
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Strieder gibt nach

Die East Side Gallery erhält ihren Park – aber nicht umsonst

Der Plan der Anschutz Entertainment Group (AEG), auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs am Ostbahnhof 20 Hektar Wohn-, Büro- und Grünflächen sowie eine riesige Mehrzweckhalle zu errichten (s. scheinschlag 10/02), gilt als ausgemachte Sache. Sie benötigt für ihre Eishockey-Mannschaft, die Berliner Eisbären, eine Sporthalle für 16000 Besucher. Um den Umzug von Hohenschönhausen nach Friedrichshain zu rechtfertigen, wurde der Klub mit soviel Geld ausgestattet, daß er die Eishockey-Meisterschaft schon heute sicher haben dürfte. Bei einem anderen Team der AEG, den Barons aus München, war zwar trotz Meisterschaft das große Zuschauerinteresse ausgeblieben. Aber auch diese Mannschaft mußte in eine neue Mega-Halle umziehen – und zwar nicht nur in einen anderen Stadtteil, sondern 800 km weit nach Hamburg. Soviel zu den finanziellen Möglichkeiten der Anschutzgruppe.

Am Ostbahnhof waren die einzigen Streitpunkte die geplanten Durchbrüche der denkmalgeschützten East Side Gallery und Reklameschilder in amerikanischen Ausmaßen. Später brachte Stadtentwicklungssenator Strieder die Idee ins Spiel, das Areal hinter der East Side Gallery, zwischen Mühlenstraße und der Spree, zu bebauen. Urspünglich sollten hier die Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen ihren Platz finden, die bei einem solchen Projekt erforderlich sind. Statt eines Parks wollte Strieder aber lieber wassernahe Wohnlofts. „Der Ort soll kein besseres Hundeauslaufareal werden, sondern Aufenthaltsqualität besitzen", so die offizielle Begründung. Laut Strieders Sprecherin Petra Reetz bestehe sonst die Gefahr, daß man einen Park ins Niemandsland baue. Schließlich gebe es kaum Anwohner in der Nachbarschaft. Außerdem könnten die Ersatzmaßnahmen auch in einem anderen Bezirk stattfinden und die vom Senat offensichtlich unerwünschten Ausgleichsflächen an den Stadtrand geschoben werden.

Allerdings weist selbst das Planwerk Innenstadt das Areal als Grünfläche aus; laut Leitbild Spreeraum ist „zur Erhöhung der Lebensqualität die Weiterentwicklung einiger vorhandener Freiflächen zu Naherholungsflächen anzustreben", und der Flächennutzungsplan besagt deutlich: „Aus Frei- und Grünflächen können grundsätzlich keine Baugebiete und andere bauliche Nutzungen entwickelt werden". So stieß Strieder mit seiner Idee beim Bezirk auf Unverständnis, selbst die eigene Partei steht in Friedrichshain dem Vorhaben ablehnend gegenüber. Entscheidend dürfte aber das Gespräch zwischen Strieder und dem Vizepräsidenten der AEG, Kevin Murphy, gewesen sein, der das Vorhaben ebenfalls ablehnte und einen Kompromiß durchsetzte.

Strieder spricht inzwischen nur noch von einer punktuellen Bebauung. Dafür zeigt sich der Bezirk bei der Öffnung der denkmalgeschützten East Side Gallery entgegengekommend: Gegenüber der neuen Halle kann die Mauer durchbrochen werden – ein Erfolg insbesondere für den Investor, der so seine Mehrzweckhalle zur Spree hin inszenieren kann. Aber auch Strieder hat bei dem Deal gewonnen und konnte den Park etwas verkleinern. Nun arbeitet die Senatsverwaltung – ohne das Wissen der Stadträte in Friedrichshain – an verschiedenen Varianten für den Park, und man darf gespannt sein, wessen Interessen dabei Berücksichtigung finden.

Crisse Küttler

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