Ausgabe 01 - 2003 berliner stadtzeitung
scheinschlag

Diese Ausgabe

Inhaltsverzeichnis

Impressum


Zur Homepage

Innovatives Chaos

Die Verkehrspolitik des Berliner Senats ist chaotisch. Am 21. Januar beschloß der Senat gegen den Willen, aber mit den Stimmen von SPD und PDS, im Aufsichtsrat des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) einer weiteren Preiserhöhung zuzustimmen, wegen sinkender Landeszuschüsse, höherer Löhne und – ausgerechnet – der Ökosteuer. Ab 1. August werden die Preise für Einzelfahrscheine, Monats- und Jahreskarten sowie die zahlreichen Sonder- und Sozialtickets angehoben; nur die Kleingruppenkarte wird billiger.

Das Ärgerlichste an der Erhöhung ist, daß sie nur auf die Bedürfnisse der Kassenwarte der VBB zugeschnitten wurde. Die glauben offenbar selbst nicht mehr an die rituell beschworene Trendwende bei der Verkehrspolitik. Sie scheinen Fahrgäste nur als Kostenfaktor zu kennen ­ und als verwöhnte Yuppies, denen es auf ein paar Euro mehr nicht ankommt, wenn sie dafür albernen Luxus geboten bekommen. So beschäftigen sich die Verkehrsunternehmen vorzugsweise mit Fernsehern in den U-Bahnen, mit Sauberkeitskampagnen und hochgezüchteten Automaten, die es ihnen erlauben, in immer kürzeren Abständen immer haarspalterischere Sondertarife einzuführen, die dann reihum verteuert, verändert oder wieder abgeschafft werden.

Auf diese Weise hat die VBB die im Koalitionsvertrag angekündigte Reform, die endlich für verständliche, stabile und halbwegs soziale Tarife sorgen sollte, ein ganzes Jahr hinausgezögert. Der Senat hat der Fahrpreiserhöhung darum nur unter der Bedingung zugestimmt, daß bis Juni ­ nun aber wirklich ­ ein „innovatives Preissystem" steht. Aber wie verbindlich diese Auflage ist und was „innovativ" zu bedeuten hat, bleibt abzuwarten.

Schon einen Tag nach ihrer Zustimmung zur Preiserhöhung preschte die PDS mit einem eigenen Tarifkonzept vor. Leider kommt das Papier nicht als regierungsamtliche Gesetzesinitiative daher, sondern wird schüchtern als „Diskussionsangebot" an die VBB verkauft. Nun hofft die PDS auf die Berufung eines „unabhängigen" (also privaten) Expertengremiums, daß die Dinge in die Hand nimmt. Ob so das Chaos entwirrt werden kann?

jt

© scheinschlag 2003
Inhalt dieser Ausgabe | Home | Aktuelle Ausgabe | Archiv | Sitemap | E-Mail

  Ausgabe 01 - 2003