Ausgabe 11 - 2002 berliner stadtzeitung
scheinschlag

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Kurzkultur

kafkaesk?

„Das Kino ist eine viel zu phantastische Maschine, um sie ausschließlich den Realisten und Geschichtenerzählern zu überlassen", schreibt Christian Frosch in seinem AntiDogma-Dogma und drehte einen surrealen Experimentalfilm zu Kafkas Briefen an Felice. Die metaphorischen Bilder und eingesprochenen Briefe bilden eine stets nachvollziehbare Synthese. Eine gelungene Alternative zum um sich greifenden Naturalismus im deutschen Kino.

> „K.aF.ka fragment" von Christian Frosch kommt am 23. Januar in die Kinos

pop?

Knietief im Klangexamen. Frei nach Jules Verne sind zwei Jahre Kling-Klang-Workshop an der UdK angebrochen. 2004 oder 2005 kannst du vielleicht schon dein Klangregie- und Beratungsstudium u.a. bei Fehlfarben-Prof. C.-F. Westermann beginnen. Dieser hat bereits ein Thema beackert, sein Achtziger-Band-Kollege Thomas Schwebel ebenso, Markus Popp war aus der Jetztzeit mit ergonomischem Gepäck (ovalprocess) angereist, Diedrich Diederichsen stieg mit 2000 LPs aus dem Flieger. Wie's weitergeht in der Lietzenburger Str. 45? Für Questions d' Étatisation etc. steht Dr. Holger Schulze zur Verfügung. Oder wählt www.soundxchange.net an. Dort könnt Ihr die Einleitung mit Onkel Sloterdijks Phrasen überspringen und den Programmtext markieren und kopieren.

> Umfassende Pop-Studien-Links unter:
www2.rz.hu-berlin.de/fpm/koop.htm

sinnvoll?

Die Ängste und Nöte eines seine Frau prügelnden Streifenpolizisten anschaulich gemacht zu haben, ist das große Verdienst von Eoin Moore. Sein Film Pigs Will Fly läßt den Zuschauer bis zur letzten Minute hoffen, der Mann möge seine krankhaften Aggressionen kontrollieren lernen. Manchmal ist es sinnvoll, den Zuschauer zur Identifikation einzuladen.

> „Pigs Will Fly" von Eoin Moore kommt am 9. Januar in die Kinos

alt?

Der Tübinger konkursbuchverlag setzt immer wieder interessante Anthologien in die Welt: Das eben erschienene konkursbuch 40 versammelt Essays, Erzählungen, Lyrik und Bilder zum Thema Alter. Unter den Beiträgern sind u.a. Ingeburg Schirrmacher, Mario Wirz und Elfriede Brüning, die gewiß etwas vom Thema versteht, ist sie doch eben 92 geworden. Im Theater unterm Dach lesen sie aus dem Buch.

> Präsentation des konkursbuchs 40 am 22. Januar um 20 Uhr im Theater unterm Dach, Danziger Str. 101, Prenzlauer Berg

böll?

Heinrich Böll war zweifellos ein engagierter Mensch. Gleich dem zweiten Nobelpreisträger deutscher Nation muß die literarische Qualität des Großteils seiner Texte aber doch mindestens als fragwürdig gelten. Auch die Geschichte der Böll-Verfilmungen, die derzeit im Kellerkino Arsenal aufgerollt wird, ist kein Ruhmesblatt der neueren Filmgeschichte ­ man denke nur an Schlöndorffs Katharina Blum. Eine Ausnahme bilden die beiden Böll-Filme von Jean-Marie Straub und Danièle Huillet: Machorka-Muff (1962) und Nicht versöhnt oder es hilft nur Gewalt, wo Gewalt herrscht (1965).

> „Machorka-Muff" und „Nicht versöhnt" am 27. Dezember um 19 Uhr im Kino Arsenal, Potsdamer Str. 2, Tiergarten

tabu?

Trotz horrender Infektionsraten und düsterster Prognosen ist Aids in den meisten afrikanischen Staaten tabu. Für Tabus ist bekanntlich die Kunst zuständig. In der Neuen Gesellschaft für bildende Kunst werden noch bis zum 9. Februar Arbeiten afrikanischer Künstler gezeigt, die sich mit der Problematik auseinandersetzen. Die dazu passende Mischung aus Party und Info-Veranstaltung gibt es am 23. Januar im SO 36.

> „africa apart. Afrikanische Künstlerinnen und Künstler konfrontieren Aids", noch bis zum 9. Februar in der Neuen Gesellschaft für bildende Kunst, Oranienstr. 25, Kreuzberg, täglich geöffnet von 12 bis 18.30 Uhr (ausgenommen 24., 25. und 31.12.)

protzig?

Arno Fischer ist nicht nur ein großartiger Fotograf, sondern auch ein guter Lehrer. Vor zwei Jahren gründete er mit anderen Fotografen die Schule und Galerie „Fotografie Am Schiffbauerdamm". An dieser geht es vor allem darum, sich mit Bildern auseinanderzusetzen, um den eigenen Weg des Fotografierens zu finden. Zum ersten Mal stellen gleichzeitig alle Studenten der Schule Arbeiten aus, die eines gemeinsam haben: Sie protzen nicht!

> „Bilder eines Jahres", noch bis zum 31. Januar, Fotografie Am Schiffbauerdamm, Mauerstr. 68 (Ecke Leipziger Str.), Mitte, geöffnet Di bis So, von 12 bis 19 Uhr

russisch?

In Rußland wird Weihnachten bekanntlich erst Anfang Januar gefeiert. Gelegenheiten dazu gibt es auch in Berlin. Im InterKULTURellen Haus in Prenzlauer Berg wird zeitgleich mit einer Vernissage von Maria Glasunowa, die Malerei und Graphik zeigt, ein russisches Weihnachtsfest mit russischen Spezialitäten und Musik gefeiert.

> Russisches Weihnachtsfest und Vernissage am 10. Januar um 19 Uhr im InterKULTURellen Haus, Schönfließer Str. 7, Prenzlauer Berg

politisch?

Die Liedermacherin Kerstin singt über alles: über Arbeitslosigkeit, Sozialabbau, selbst über Kinderarbeit. Ihren Namen, so verkündet sie selbstbewußt, müsse man sich merken, und, was uns besonders hellhörig macht: ein Muß für jeden Linken, gar für Revolutionäre! Beurteilen können wir das nicht. Wer sich für so etwas Unzeitgemäßes wie politische Liedermacherei interessiert, sollte sich im Januar nach Moabit begeben.

> Kerstin singt am 14., 21. und 28. Januar um 20.30 Uhr im Scheselong in der Wilsnacker Str. 61, Tiergarten

westlich?

Weltmusik ist länger schon en vogue. Zunehmend spielen außereuropäische Musiktraditionen auch in der neuen Musik eine Rolle. Das Haus der Kulturen der Welt trägt dem nun mit dem neuen, großangelegten „transonic"-Festival Rechnung und stellt Kompositionen und Improvisationen aus aller Welt vor. Zur Eröffnung spricht Dieter Schnebel über „Das eigene und das Fremde". Gene Coleman, künstlerischer Leiter des Festivals, spricht von einer globalen Kultur, „die sich nicht auf das westliche Konsumdenken oder auf andere Ideologien stützt". Mit transonic solle eine „neue musikalische Landschaft" entstehen, Genregrenzen sollen „durchmischt" werden. Also doch wieder nur Crossover?

> Das Festival „transonic. New Sound Experience I" findet vom 10. bis zum 30. Januar im Haus der Kulturen der Welt, John-Foster-Dulles-Allee 10, Tiergarten, statt

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