Ausgabe 08 - 2002 berliner stadtzeitung
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Politische Kunst?

Die meisten finden es wohl ganz gut, daß es hierzulande Symbole gibt, die als verfassungsfeindlich gelten und deren Verwendung strafrechtlich verfolgt werden kann. Andererseits haben Künstler hier natürlich längst eines der letzten Tabus ausgemacht; Schlingensief und Konsorten lassen grüßen.

Der Berliner Künstler Jan M. Petersen stellt seit zwei Jahren eine sogenannte Hakenwurst her: abgepackte Mortadella mit Hakenkreuz, „garantiert ungenießbar" und erhältlich in den Geschmacksrichtungen „nazi rind" und „nazi schwein". Zur Sicherheit ist auf dem Beipackzettel dann noch „vorsicht kunst!" zu lesen. Das hinderte die Polizei freilich nicht daran, am 8. September auf dem Flohmarkt am Boxhagener Platz, wo Petersen seine Objektkunst vertreibt, elf dieser Hakenwürste zu beschlagnahmen. Nun droht eine Anzeige. Petersen kann das nicht verstehen und attestiert den Ordnungskräften einen „Mangel an Reflektionsvermögen". Nazis, rechte Nostalgiker und politische Kunst würden leichtfertig in einen Topf geworfen. Über seine Würste, so Petersen, versuche er mit Menschen in Kontakt zu kommen, und das gelinge auch. Er sieht keine Gefahr, daß diese Objektkunst mißverstanden werden könnte. Schließlich hätte sie bei rechtsorientierten Flohmarktbesuchern Mißmut erregt.

Zu sehen sind Petersens Würste wieder ab dem 27. September im Antiquariat Gregor Gog in der Boxhagener Str. 35, Friedrichshain. Für 19 Uhr ist an diesem Tag auch eine „Erklärungsperformance" angekündigt, und man kann mit Jan M. Petersen darüber diskutieren, ob man die Hakenwürste für eine subversive Strategie oder eine billige Provokation hält.

hb

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