Ausgabe 08 - 2002 berliner stadtzeitung
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Wanted: Sprayer

Mit Gesetzesverschärfungen und Kopfgeldern für eine saubere Stadt

Wenn sich eine Legislaturperiode dem Ende zuneigt, lohnt es, die jüngst auf der Strecke gebliebenen Gesetzesvorhaben zu betrachten. Werden wir sie wiedersehen, und wenn ja, in welcher Form? So wurde noch im Winter heiß über das „Graffiti-Bekämpfungsgesetz" diskutiert, das im Januar dem Bundestag zur Entscheidung zugeleitet wurde. Inhalt der vorgesehenen Gesetzesverschärfung: Der Tatbestand einer „Sachbeschädigung" (§ 303 StGB) soll sich zukünftig nicht nur auf die Beschädigung oder Zerstörung einer Sache beschränken, sondern auch die „erhebliche Veränderung" ihrer äußeren Gestalt umfassen. Damit entfällt der bisher zu führende Beweis, daß Graffitis oder die zu ihrer Entfernung notwendigen Methoden die „Substanz" z.B. einer Hauswand beschädigen. Die Zielrichtung des Gesetzesvorhabens ist klar: Es soll das „Graffiti-Unwesen" durch generelle Strafandrohung und verringerten Ermittlungsaufwand eindämmen. Doch verabschiedet wurde das Gesetz bisher trotz prinzipieller Zustimmung der amtierenden Bundesregierung nicht. Das trifft uns im graffitigeplagten Berlin ganz besonders, und neidisch wandert der Blick gen Westen, wo das Land Sachsen-Anhalt wegen des verzögerten Bundesgesetzes zügig eine „Gefahrenabwehr-Verordnung" (!) in Kraft gesetzt hat, die Bußgelder für jegliche Form von Graffiti vorsieht.

Die härtesten Strafen nützen aber wenig, wenn Täter nur sehr selten gefaßt werden, was nach Angaben der Sicherheitsexperten das größte Problem im Bereich der Graffiti-Bekämpfung darstellt. Zwei Berliner Bezirke profilieren sich daher schon seit längerem mit der Einführung von Wildwest-Methoden im Fahndungsbereich. In Spandau und Reinickendorf erhält jeder Aktivbürger, der einen Graffitisprayer denunziert, 50 Euro steuerfrei. Das war zwar bisher nicht sonderlich erfolgreich (zwei gemeldete Fälle in zwei Jahren), aber mit bestechender Logik erklärt die Bezirksbürgermeisterin von Reinickendorf, daß es ja gar nicht um die Denunziation, sondern ganz allgemein um ein gesteigertes Interesse des Bürgers an seiner Umgebung gehe. Weshalb folgerichtig beide Bezirke das Kopfgeld aufrecht erhalten wollen. Auch ich bin der Ansicht, daß hier der richtige Weg beschritten wird – aber mit unzureichender Konsequenz! Unser Vorbild sei Rheinland-Pfalz, wo seit anderthalb Jahren 1000 Euro Kopfgeld für gemeldete Sprayer gezahlt werden. Dort durften im ersten Jahr immerhin 16 Denunzianten ihr Portemonnaie auffüllen. Deshalb meine Forderung: drastische Erhöhung der Kopfgelder bei erheblicher Ausweitung des Katalogs an relevanten Straftaten! Sicherheit im ganzen Land – dafür sorgt der Denunziant! Und ich bin fest davon überzeugt, daß sich der nächste Bundesinnenminister, wie immer er auch heißen wird, dieser Meinung anschließen wird.

Thorsten Friedrich

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