Ausgabe 07 - 2002 berliner stadtzeitung
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Weniger ist mehr

Anregungen für eine bessere Küche

Irgendwann stapeln sich Kochbücher in den Küchenregalen: Aufwendige Bildbände der spanischen, italienischen und japanischen Küche, Spezialratgeber für die vegetarische Küche und die Fachbücher für Suppen, Aufläufe und raffinierte Desserts. Das Schicksal dieser Bücher ist oft das gleiche: Man läßt sich von den perfekt gestylten Bildern inspirieren, probiert ein, zwei Gerichte, behält ein Standardmenü im Repertoire und die großformatigen Hochglanzanleitungen verstauben im Regal.

Um dies zu vermeiden, beschreitet Erwin Seitz mit seinem Kochbuch, das den unprätentiösen Titel Butter, Huhn und Petersilie trägt, einen anderen Weg. Bei Seitz geht es nicht um möglichst exotische Zutaten oder wilde Kombinatorik der verschiedenen Küchen, sondern um „Anregungen für eine bessere Küche".

Gegliedert in nur zwei Kapitel, „Vorratskammer" und „Vom Leichten zum Schweren", werden zunächst Grundzutaten wie Salz, Pfeffer, Butter, Senf oder Knoblauch vorgestellt, um schließlich Hauptzutaten wie Zander, Ente, Lamm und zuguterletzt auch Schokolade dem Leser näherzubringen. Die Idee des Buches ist schlicht und überzeugend ­ nämlich zu zeigen, um wieviel die Alltagsküche gewinnen kann, wenn man den einfachen Zutaten ein wenig mehr Aufmerksamkeit zukommen läßt. Seitz erzählt zunächst kurz von der Herkunft und Geschichte der jeweiligen Zutat, weist auf Unterschiede in der Herstellung hin und endet mit einem schnörkellosen Gericht. Schnell wird deutlich, worin der Nutzen bei diesem Vorgehen liegt, denn weiß man erst einmal, wie man mit Olivenöl, Pfeffer oder Zitrone umgeht, profitiert so gut wie jeder Kochvorgang von diesem Wissen ­ schließlich findet sich die eine oder andere Zutat in jedem noch so banalen Gericht. So schärft dieses kleine und schöne Buch schon beim Lesen die Geschmacksnerven, woran auch die gleichfalls schlichten Beschreibungen ihren Anteil haben. Darüber hinaus macht es einfach Spaß zu lesen, worin beispielsweise der Unterschied zwischen ordinärem Kochsalz, Meersalz und dem „Fleur de Sel" liegt. Nach einer ausführlichen Erklärung der unterschiedlichen Herstellungsweisen darf eine Bewertung nicht fehlen ­ und die fällt bei den Salzen eindeutig aus: Während das eine nur „neutral und seelenlos und einfach nur salzig" ist, gilt es beim Meersalz festzuhalten: „Es ist gut, es ist sehr gut". Unschwer zu erkennen, daß sich hinter dieser Schlichtheit eine ästhetische Ideologie verbirgt, an der alle Bauhäusler ihre Freude gehabt hätten. Stellenweise würde man der Seitz'schen Küche etwas weniger Dogmatismus wüschen, aber da es sich hier nun mal um ein Konzept handelt ­ noch dazu um ein sehr gutes ­ ist dieser Mangel durchaus nachzusehen.

Marcus Peter

Erwin Seitz: Butter, Huhn und Petersilie. Anregungen für eine bessere Küche, Klett-Cotta Verlag Stuttgart 2002, 186 Seiten, 18 Euro

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