Ausgabe 01 - 2002 berliner stadtzeitung
scheinschlag

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Neue Häuserkämpfe in Berlin?

Der neue rosa-rote Senat könnte sehr schnell mit Häuserkämpfen konfrontiert werden. Während Vertreter verschiedener Gruppen ein soziales Zentrum in Berlin per Besetzung erkämpfen und dieses Unterfangen unter dem linken Senat verstärkt vorantreiben wollen, geht es im einstigen Berliner Besetzer-Eldorado Rigaer Straße um Altfälle.

Wie viele andere Häuser auch ist die Rigaer Straße 94 im kurzen Ostberliner Sommer der Anarchie 1990 besetzt worden. Ein Kulturverein wurde gegründet und ein Rahmenmietvertrag mit der damals zuständigen Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain abgeschlossen. Nach Rückübertragung und Weiterverkauf des Hauses fing der Ärger für die Bewohner allerdings an. Dabei schienen sie es mit dem neuen Eigentümer Suitbert Beulker auf den ersten Blick recht gut getroffen zu haben. Denn der ins Immobiliengeschäft übergewechselte Ex-Dozent der Technischen Universität Berlin gab sich zunächst das Image eines alternativen Hausbesitzers.

Das änderte sich, als die Bewohner darauf beharrten, das Haus wie bisher kollektiv bewohnen zu wollen. Beulker ging nicht darauf ein und bestritt sogar, daß für das Haus gültige Mietverträge bestünden. Er sprach für sämtliche Mieter fristlose Kündigungen aus und setzte Räumungsfristen, die die Zivilgerichte aber fast ausnahmslos abwiesen.

Jetzt ist das im Haus befindliche Kulturprojekt Kadterschmiede räumungsbedroht. Denn im Gegensatz zu den Mietwohnungen hat Beulker für die Räume im Erdgeschoß des Hinterhauses Ende Dezember einen Räumungstitel erlangt, den er jederzeit vollstrecken kann. Das überraschende Urteil wurde vom zuständigen Richter damit begründet, daß die Mieter bei den Verhandlungen nicht umgehend einen Vertrag unterschrieben, sondern sich eine Bedenkzeit erbeten hatten, um den Entwurf im Haus zu diskutieren. Mit der drohenden Räumung befürchtet man in der Rigaer Straße nicht nur das Ende von nichtkommerziellen Konzerten, Lesungen und Ausstellungen in der Kadterschmiede, auch die offenen, basisdemokratischen Wohnstrukturen sehen sie gefährdet.

Peter Nowak

Am 26. Januar um 13 Uhr findet in der Rigaer Straße/Ecke Liebigstraße eine Demonstration mit dem Motto „Linke Strukturen aufbauen – Rigaer 94 verteidigen" statt. Informationen unter www.rigaer94.squat.net

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