Ausgabe 09 - 2001 berliner stadtzeitung
scheinschlag

Diese Ausgabe

Inhaltsverzeichnis


Zur Homepage

Berlin 1901

Auf 150jähriges Bestehen kann die Berliner Porzellanmanufactur in diesem Jahr zurückblicken. Der Berliner Großkaufmann Wilhelm Caspar Wegely begann im Jahre 1751 damit, in seinem an der Ecke der Neuen Friedrich- und Königstraße gelegenen Haus echtes Porzellan herzustellen, welches nach dem Urteil seiner Zeitgenossen schon ziemlich gut war. Da aber die Porzellane aus Meißen dem jungen Unternehmen, dem ersten seiner Art in Berlin, zu große Konkurrenz bereiteten und Wegely außerdem durch den Ausbruch des siebenjährigen Krieges eine Schädigung seines Geschäfts befürchtete, gab er sein Unternehmen auf.

Mehr vom Glück begünstigt war der bekannte Großkaufmann Johann Ernst Gotzkowsky, der sich durch seinen Patriotismus hervortat und zu dessen Erinnerung heute eine Straße in Moabit den Namen führt. Gotzkowsky setzte vom Jahr 1760 ab das von Wegely Angefangene fort und kaufte einem sogenannten Künstler namens E. H. Reichardt das Geheimnis, Porzellan herzustellen, für den immensen Preis von 10000 Thalern ab.

In der Leipziger Straße erwarb er dann von den Dorvilleschen Erben das Haus Nummer 4, wo er schon ziemlich ausgedehnte Anlagen zur Fabrikation einrichtete. Nach dem Friedensschluß 1763 interessierte er Friedrich den Großen für sein Unternehmen, das der König dann nebst Grundstück auch erwarb. An der Spitze der nun „königlichen" Porzellanmanufactur wurde ein Director mit dem Titel eines Geheimraths gestellt, und das Berliner Porzellan erwarb sich bald Ruf und Ruhm.

Auf dem umfangreichen Terrain in der Leipziger Straße befanden sich die Pochwerke, Mühlen, Schlemmstuben, Verglüh- und Glutöfen, das Farbenlaboratorium und die Emailfeuer, während im Vordergebäude das Hauptwarenlager und die Mustersäle untergebracht waren. Auf diesem Grundstück blieb die Porzellanmanufactur bis zum Jahr 1872, als das Deutsche Reich, um ein Reichstagsgebäude zu schaffen, von Haus und Grundstück Besitz ergriff.

Die gesamte Fabrikation wurde in den Tiergarten, in die Nähe der heutigen S-Bahn-Station Tiergarten verlegt, noch heute führt die nach dem Begründer benannte Wegely-Straße zu dem Staatsetablissement. Die Verkaufsräume blieben jedoch in der Leipziger Straße, wo sie eine Reihe von Jahren in dem Eckhaus Nr. 137 am Leipziger Platz untergebracht waren. Jetzt befinden sie sich bekanntlich in dem gegenüberliegenden Haus Nr. 2.

Porzellanmanufakturen wurden in Europa seit Ende des 17. Jahrhunderts gegründet, um das chinesische und japanische Porzellan nachzuahmen. Nach verschiedenen Versuchen, die nur zur Herstellung des weichen Porzellans führten, wurde die Herstellung des Hartporzellans durch Joh. Fr. Böttger 1708 in Meißen erreicht, von wo sich das anfänglich streng gehütetete Geheimnis durch entlassene Arbeiter, durch Verrat usw. bald über ganz Europa verbreitete. Jeder Fürst suchte seinen Ehrgeiz darin, eine Porzellanfabrik zu begründen, deren Erzeugnisse zunächst dem eignen Luxusbedürfnis, dann aber auch als Geschenke für andre Fürsten, für Staatsdiener und Diplomaten diente.

Die Porzellane des vorigen Jahrhunderts sind jetzt ein Gegenstand lebhaften Sammeleifers. Gute Porzellane mit schöner Bemalung werden mit hohen Preisen bezahlt. Als Unterscheidungsmerkmal der zahlreichen Manufacturen des vorigen Jahrhunderts, die nach kurzer Blütezeit bald ein- oder aus fürstlichem in Privatbesitz übergegangen sind, dienen die sogenannten Porzellanmarken, von denen die Abbildung eine Auswahl der wichtigsten zeigt.

Echtes oder hartes Porzellan wird dargestellt aus Kaolin mit Feldspat und Quarz. Das Mischungsverhältnis ist abhängig von der Zusammensetzung des Kaolins. Bisweilen setzt man zur Erhöhung der Bildsamkeit noch weißbrennenden plastischen Ton zu. Das Schwinden und damit die Neigung zum Reißen vermindert man durch Zusatz von halbfein gemahlenem Sand oder gemahlenen gebrannten Scherben.

Falko Hennig

© scheinschlag 2001
Inhalt dieser Ausgabe | Home | Aktuelle Ausgabe | Archiv | Sitemap | E-Mail

  Ausgabe 09 - 2001