Ausgabe 05 - 2001 berliner stadtzeitung
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Yva ­ Lehrmeisterin von Helmut Newton

Else Simon, geb. Neuländer (1900 Berlin ­ 1944 Majdanek)

Else Ernestine Neuländer, am 26. Januar 1900 in Berlin geboren, machte sich nach entsprechender Ausbildung 1925 mit einem Fotostudio in der Friedrich-Wilhelm-Straße 17 (heute Klingelhöferstraße) selbständig und wurde unter dem Namen Yva schnell bekannt. Erstmalige Würdigung erfuhr ihr fotografisches Geschick in einem Aufsatz in der Zeitschrift „Fotofreund". 1927 wurden ihre Fotos in verschiedenen Publikationen bei Ullstein veröffentlicht, dem größten Verlag für Printmedien in Berlin mit Renommierblättern wie „Die Dame", dem „Querschnitt" und dem „UHU". Das im Jahr 1924 neugegründete und speziell für Frauen entwickelte Magazin „UHU" machte durch seine Bildgeschichten und seine Auswahl an zeitgenössischen Themen von sich reden. Lieschen Neumann will Karriere machen, Yvas erste von insgesamt acht Bildgeschichten, wurde 1930 veröffentlicht. Wie jede ihrer Geschichten basierte auch diese auf einer fiktiven Handlung, die durch die Abfolge von Bildern und Yvas Kameraeinstellungen eine authentische Begebenheit vortäuschte.

Nach fünf Jahren Berufstätigkeit war Yva Ende der zwanziger Jahre in Berlin eine bekannte Modefotografin. Sie publizierte in den renommiertesten Zeitungen und Illustrierten und porträtierte bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere waren bis zu zehn Angestellte in ihrem Studio tätig. Sie publizierte Bild- und Fotofolgen, Werbefotos für Hüte, Strümpfe, Bademoden und natürlich Kleidung sowie Gebrauchsgrafik.

1930 zog Yva in ein größeres Atelier in der Bleibtreustraße 17, wo sie vier Jahre arbeitete und lebte. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten, der Gleichschaltung der Presse und dem Berufsverbot für Pressefotografen jüdischer Herkunft verschlechterte sich 1933 Else Neuländers Arbeitssituation zunehmend. Unter ihrem Künstler- und Decknamen Yva arbeitete und veröffentlichte sie jedoch weiter, bis sie sich 1936 gezwungen sah, ihr Fotoatelier zu arisieren. Charlotte Weidler, eine Freundin und Kunsthistorikerin, mit der sie 1932 in Tunesien eine Reportage erarbeitet hatte, trat offiziell als leitende Fotografin ein. Während dieser Zeit begann Helmut Newton, der 1938 Deutschland verließ, seine Lehre in Yvas Atelier.

Im Februar 1934 hatte Else Neuländer den (jüdischen) Kaufmann Alfred Simon geheiratet. Mit dem Berufsverbot von 1938 sah sich das Ehepaar gezwungen, die gemeinsamen Wohn- und Geschäftsräume in der Schlüterstraße 45 aufzugeben. Yva fand als Röntgenassistentin im Jüdischen Krankenhaus in der Iranischen Straße Arbeit, ihr Mann mußte als Zwangsarbeiter in Zehlendorf Straßen fegen. In ihrer kleinen Wohnung in der Düsseldorfer Straße versuchte Yva auch nach 1938, Fotoaufträge entgegenzunehmen.

Am 1. Juni 1942 wurde das Ehepaar von der Gestapo verhaftet und abgeführt; dreizehn Tage später in das Konzentrationslager nach Majdanek in Polen verschleppt. Noch kurz vor ihrer Deportation hatten beide versucht, Deutschland zu verlassen. 34 Kisten waren im Hamburger Freihafen zur Auswanderung eingelagert. Durch einen Bombenangriff wurde diese Fracht teilweise zerstört.

Am 31.12.1944 wurde Else Simon für tot erklärt. Das genaue Todesdatum konnte bislang nicht ermittelt werden. Sie ist vermutlich in Majdanek ermordet worden.

Beate Spitzmüller

Das Verborgene Museum in der Schlüterstr. 70 zeigt vom 31. Mai bis 22. Juli 2001 mit der Ausstellung „Yva – Photographien 1925 – 1938" eine erste umfassende Präsentation der Arbeiten Yvas. Eröffnung am 30. Mai um 18 Uhr, Öffnungszeiten mittwochs bis freitags 15-19 Uhr, am Wochenende 12 - 16 Uhr. Den Katalog (240 Seiten, 200 Abbildungen; deutsch und englisch) gestalte-ten Marion Beckers und Elisabeth Moortgat.

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