Ausgabe 05 - 2001 berliner stadtzeitung
scheinschlag

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Mehr Leute, weniger Geld?

Mitte-Fusion konkret: Wahl des Beirats für dezentrale Kultur am 9. Juni

Nun werden die Konsequenzen der Bezirksfusion auch an der Basis immer spürbarer. Ein konkretes Beispiel für die großen Schwierigkeiten, je zwei oder drei Bezirke in der (Ämter-)Praxis zusammenzuführen, ist der Beirat für dezentrale Kulturarbeit im neuen Großbezirk Mitte. Dieses Gremium entscheidet über die Vergabe von Fördergeldern an Antragsteller aus der freien Kulturszene, außerdem ist es Berater für das Kulturamt und den Stadtrat. Weil jedoch in den drei Alt-Bezirken Mitte, Wedding und Tiergarten ganz unterschiedliche Modelle bei der Fördermittelvergabe existierten, musste man sich im neuen Bezirk auf ein gemeinsames Modell einigen.

Doch während noch 1990 die freie Kulturszene in Alt-Mitte selbst das Modell für den Kulturbeirat entwickelt hatte, war das zehn Jahre später im neuen Fusionsbezirk nicht mehr der Fall. Im März entschied darüber ­ nach einer Podiumsdiskussion im Februar ­ der Kulturausschuss der Bezirksverordnetenversammlung. Es war also eine politische Entscheidung der Parteifraktionen, bei der die Kulturszene selbst nicht einbezogen wurde.

Künftig soll der Rat aus zwölf Mitgliedern bestehen (in Alt-Mitte waren es sechs). Die anstehende Wahl soll vorerst für ein Jahr gelten. Stimmberechtigt und wählbar sind wie bisher alle Mitglieder von Kulturprojekten und Initiativen sowie Einzelkünstler und Kulturinteressierte ab 18 Jahren, die in Mitte leben und/oder arbeiten. Vier Mitglieder bestimmen die Ausschüsse für Kultur, Jugendhilfe, Soziales und Schule der Bezirksverordnetenversammlung. Die übrigen acht werden auf einer öffentlichen Versammlung gewählt. Dabei sollen die Sparten Darstellende Kunst, Bildende Kunst, Literatur, Musik, Film, Photo, Neue Medien und Soziokultur berücksichtigt werden.

Freilich sind damit längst nicht alle Konflikte behoben. Zu unterschiedlich waren die Situationen und deshalb die Verfahrensweisen und Strukturen der bisherigen drei Bezirke: Die Kulturszene in Mitte erfordert eben andere strukturelle Lösungen als die in Wedding oder Tiergarten. Sogar der Kulturbegriff unterscheidet sich. In Alt-Mitte galt ­ wie in anderen Ostbezirken auch ­ der von Kulturwissenschaftlern geprägte „weite Kulturbegriff", der auch Alltagskultur einschließt. In den Westbezirken umfasste er eher die klassischen Kunstsparten. Gehört nun eine Seniorenfreizeitstätte ins Kultur- oder ins Sozialressort? Auch deshalb war bei dem Beiratsmodell umstritten, ob eine an Sparten orientierte Besetzung des Gremiums überhaupt sinnvoll ist.

Die öffentliche Wahl des gemeinsamen Beirats für dezentrale Kultur im neuen Großbezirk Mitte ist nun für den 9. Juni anberaumt. Dort kann die Kulturszene jene bestimmen, die ein Jahr lang über die Vergabe von Fördermitteln entscheiden. Kandidatenvorschläge und Eigenbewerbungen können noch bis zum 5. Juni schriftlich an das Kulturbüro Mitte im Kulturamt (s.u.) oder auf der Wahlveranstaltung gemacht werden.

Viel Geld wird der Beirat allerdings nicht verteilen können: Vorerst stehen nur 60000 DM bereit, und auch die nur theoretisch ­ im Moment herrscht Haushaltssperre. Im Kulturamt fürchtet man sogar, dass die Sperre das ganze Jahr andauern könnte. Dann könnte man nur noch mit einer bislang unbestimmten Summe aus dem „Bezirksfonds für Kultur" (dem ehemaligen Hauptstadtfonds) rechnen. Im günstigsten Fall könnte es ca. 110000 DM für die freie Szene im neuen Großbezirk geben. Das ist gerade noch so viel, wie im letzten Jahr dem Bezirk Mitte (alt) allein zur Verfügung stand.

Felix Philipp

Die Beiratswahl ist Samstags, 9. Juni,12 Uhr im Hackeschen Hoftheater (Rosenthaler Str. 40–41, 2. Hof der Hackeschen Höfe). Informationen, Bewerbungen (mit einer formlosen Erklärung mit Namen, Adresse, Beruf und Beschreibung der kulturellen Tätigkeit) und schriftliche Kandidatenvorschläge an das Kulturbüro im Kulturamt Mitte, Auguststraße 21, 10117 Berlin, fon 28884442, Ansprechpartnerin: Dolly.

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