Ausgabe 04 - 2001 berliner stadtzeitung
scheinschlag

Diese Ausgabe

Inhaltsverzeichnis


Zur Homepage

Die Brut des Falken

Im vergangenen Jahr, als auf dem Helmholtzplatz das alte Gestrüpp und die jungen wilden Bäume mit den dazugehörigen Vögeln, Käfern und Würmern rausgerissen wurden, verteilte eine Mitarbeiterin des Naturschutzamtes Prenzlauer Berg Zettel mit der „Bitte um Mithilfe" beim „Erhalt der Artenvielfalt im Kiez". Ich sagte ihr, dass in der Brandmauer der Dunckerstraße 7 ein Turmfalkenpaar brütet. Sie war erfreut und meinte, dass ich bei Frau Klaeden vom Amt anrufen solle, oder bei der AG Artenschutz, die Telefonnummern wären auf dem Zettel.

Im Oktober erfuhr ich auf einer Informationsveranstaltung von der Umgestaltung des Grundstückes Dunckerstraße 6 zu einem Spielplatz. Dabei wurde auch die Brandmauer der Dunckerstraße 7 erwähnt, die mit einem Wärmeschutz versehen und begrünt werden soll. Ich fragte eine Mitarbeiterin des Naturschutzamtes, die auf dem Treffen war, ob an den Nistplatz der Falken gedacht worden sei. Sie sagte mir, ich solle mich an Frau Klaeden wenden und gab mir die Telefonnummer.

Im Dezember sprach ich mit Frau Thiele von der AG Artenschutz: ihr sei der Brutplatz bekannt und der Bauherr müsse ein Ersatzquartier schaffen. Im Februar sollten die Bauarbeiten beginnen. Der Februar verging, ohne Gerüst, ohne Bauarbeiten. Dann kam der März und mit ihm die Turmfalken. Ich rief Frau Klaeden an. Sie war erfreut und sagte, sie würde sich sofort mit dem Bauherrn in Verbindung setzen, um eine Lösung zu finden. Zwei Wochen später war die Öffnung der Niststätte verschlossen. Die „Lösung" war eine stabile Plane. Noch einige Tage kamen die Falken in ihr Brutrevier, dann waren ihre Rufe verstummt.

Offensichtlich hat mein Anruf bei Frau Klaeden die Brut der Falken zunichte gemacht. Meine Nachfrage bei der AG Artenschutz ergab, dass der Bauherr nicht mit dem Bau beginnen darf, wenn erstmal ein Gelege im Horst ist. So kam es in Absprache mit dem Naturschutz- und Grünflächenamt zu diesem Kompromiss, weil man den Bauherrn nicht am Bauen hindern will, da dieser sein Entgegenkommen bewiesen habe durch die Zusage, den Nistplatz zu erhalten.

Wo wird das Turmfalkenpaar in diesem Jahr brüten? Wird es im nächsten Jahr an die alte Stätte zurückkehren? War das Nest bei der Verschließung überhaupt leer? Ich weiß nicht, was Artenschutz unter diesen Umständen bedeuten soll, wenn nicht den Schutz des Bauherrn vor den Arten.

kp_d5

© scheinschlag 2001
Inhalt dieser Ausgabe | Home | Aktuelle Ausgabe | Archiv | Sitemap | E-Mail

  Ausgabe 04 - 2001