Ausgabe 03 - 2001 berliner stadtzeitung
scheinschlag

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Kurznachrichten

tiefengrund
Die Beton- und Tunnelfraktion hat gesiegt. Das steuerverschwendende Großprojekt "Verlängerung der U5" vom Alexanderplatz zum Lehrter Bahnhof wurde im Senat durchgeboxt und kostet 1300 Millionen, wahrscheinlich aber muss wie immer später nachfinanziert werden. Fertigstellung wird im Jahr 2010 sein. Der Ausbau eines leistungsfähigen Straßenbahnnetzes in der Berliner Innenstadt wäre die vernünftigere Entscheidung gewesen und hätte nur ein Viertel der veranschlagten Summe gekostet. Im hauseigenen Blättchen "Foyer" von Stadtentwicklungssenator Strieder (SPD) geht man dagegen davon aus, dass der Bau der U5 sogar dazu beiträgt, endlich den angestrebten "Modal Split" von 80 Prozent ÖPNV und 20 Prozent Individualverkehr in der Innenstadt zu realisieren. Während der Bauphase wird sich das vielleicht realisieren lassen, weil erstmal die Straßen gesperrt werden müssen.

gänseblümchen
Elli Barczatis war 43 Jahre alt, als ihr Leben am 23. November 1955 in Dresden unter dem Fallbeil endete. Die Chefsekretärin des DDR-Ministerpräsidenten Otto Grotewohl wurde vom westdeutschen Geheimdienst unter dem Decknamen "Gänseblümchen" geführt. Sie wurde wegen "Boykott-hetze" angeklagt und verurteilt. Ob sie tatsächlich für den Westen spionierte, ist unklar, weil die Akten des BND nicht öffentlich sind. Der Historiker Manfred Rexin versuchte, Licht in diesen dramatischen Spionagefall zu bringen. Am 11. April um 19.30 Uhr hält er im Dokumentationszentrum Berliner Mauer, Bernauer Str. 111, einen Vortrag mit O-Ton-Ausschnitten aus dem Prozess gegen "Gänseblümchen".

frühzeit
Die Siedlungsgeschichte des Bezirks Friedrichshain von Berlin bis 1920 hat die Historikerin Wanja Abramowski aufgeschrieben – von den ur- und frühchristlichen Fundplätzen über die mittelalterlichen Dörfer und friderizianischen Kolonien des 18. Jahrhunderts bis zur allmählichen Herausbildung der Stralauer Vorstadt seit dem Ende des 30-jährigen Krieges. In der quellengestützten Abhandlung wird erstmals seit dem legendären Buch "Der Berliner Osten" aus dem Jahr 1930 eine Darstellung der Geschichte des Stralauer Viertels geboten. Man findet darin Angaben zu alten Grenzen, den verschwundenen Ortsteilen Friedrichsberg, Boxhagen, Klein-Frankfurt und zum Fischerdorf Stralau. Die 48 Seiten umfassende Broschüre ist im Heimatmuseum Friedrichshain in der Alten Feuerwache, Marchlewskistraße 6 erhältlich, Di und Do 11-18 Uhr, Sa 13-18 Uhr.

anders arbeiten
In einem Offenen Brief zur kürzlich von der Bundesanstalt für Arbeit vorgestellten "maßgeschneiderten Förderung" von Erwerbslosen wandte sich die "Initiative Anders Arbeiten" an Bundeskanzler Schröder, Arbeitsminister Riester. Sie bewertet den Vorstoß, jedem Erwerbslosen einen individuellen "Eingliederungsplan" zu geben, kritisch, da in Berlin etwa 375 Erwerbslose auf eine freie Stelle kommen. Die Initiative zeigt sich entsetzt, dass diese Bemühungen des Arbeitsministeriums von einer "Hetze gegen angeblich nicht Arbeitswillige" begleitet wird. In den "heute"-Nachrichten des ZDF fiel vor Kurzem das Schimpfwort "Sozialkriminelle". Die "Initiative Anders Arbeiten" fordert deutliche Arbeitszeitverkürzungen und tritt für das Recht auf Nichtarbeit und die Grundsicherung in Form eines Existenzgeldes für alle ein. Sie ist zu erreichen über Netzwerk Selbsthilfe, Gneisenaustr.2a, 10961 Berlin.

tacheles
New Urbanism am Tacheles? lautet die Frage beim 51. Architekturgespräch. Während in den USA der New Urbanism als Konzept für eine lebendige und durchmischte Stadt angesehen wird, ist er hierzulande als "neo-traditionalistischer Kulissenzauber" verpönt. Am Tacheles soll nun eine Bebauung realisiert werden, die diesen Themen-Städtebau zum ersten Mal in einer europäischen Innenstadt realisiert. Das Podium ist tatsächlich mal mit den entscheidenden Personen besetzt: Andres Duany, einem der Architekten der im letzten scheinschlag schon vorgestellten Tacheles-Planung, dem so genannten "Johannisviertel"; Harald Bodenschatz, Architektursoziologe; Anno-August Jagdfeld, dem Projektentwickler des "Johannisviertels", Rob Krier, Architekt (u.a. IBA-Planung für die Stadtvillen 1987 an der Rauchstraße); Tobias Nöfer, einer der Architekten der "Falkoniergasse" (s. a. S. 4); Rainer Haubrich, Architekturkritiker der "Welt" und Hans Stimmann, allseits bekannt. Spreespeicher an der Oberbaumbrücke, Ausstellungsräume, Stralauer Allee 1–2, Mo, 26. März, 20 Uhr.

alte ausgaben
Wir räumen unser Archiv auf und haben allerhand Ausgaben aus den Jahrgängen 1998 bis 2000 übrig, darunter auch unsere 10-Jahres-Jubiläumsausgabe. Wer Interesse an diesen historischen Stücken hat, kann sie bei uns bestellen: Einfach einen adressierten und mit 3 Mark frankierten DIN A4-Rückumschlag (reicht für bis zu fünf Ausgaben) mit Angabe der gewünschten Nummern an die Redaktionsadresse (s.u.) schicken.

offene redaktion
Zum offenen Redaktionstreffen laden wir monatlich ins Café Village Voice, Ackerstraße 1a. Über zukünftige Autoren, die z.B. über Stadtpolitik oder Theater schreiben wollen, freuen wir uns besonders. Auch Fotografen, die jenseits von Kunstbildern ambitioniert sind und journalistisch arbeiten können, möchten wir einladen. Aber auch einfach nur Neugierige sind herzlich eingeladen. Das nächste Treffen findet am Sonnabend, den 31. März um 14 Uhr statt.

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