Ausgabe 02 - 2001berliner stadtzeitung
scheinschlag

Diese Ausgabe

Inhaltsverzeichnis


Zur Homepage

Wo Ratten waren, da ist auch Müll

Der Panzerkreuzer "Klaus-Rüdiger Landowsky" sinkt

Klaus-Rüdiger Landowsky, Fraktionschef der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus, hat immer Wert darauf gelegt, nur nebenbei Politiker zu sein. Im Hauptberuf sei er Bankdirektor. Das ist nun Geschichte: Seinen Posten als Vorstandssprecher der Bank Berlin-Hyp musste er aufgeben, weil er seine Tätigkeit für die landeseigene Bank offensichtlich mit seinem politischen Mandat verquickt hatte.

Landowsky nahm 1995 für die CDU Spenden von zusammen 40000 Mark von den CDU-Mitgliedern und Chefs der Firma Aubis, Klaus-Hermann Wienhold und Christian Neuling, an, ohne sie korrekt zu verbuchen. Kurze Zeit später gewährte die Berlin-Hyp Aubis einen Kreditrahmen von 700 Millionen Mark, um rund 16 000 Plattenbauwohnungen zwischen Schwerin und Plauen zu kaufen. Der Verdacht der Bestechlichkeit ist dabei nicht aus der Luft gegriffen.

Die beiden Aubis-Geschäftsführer brachten nicht die üblichen Sicherheiten mit und hatten auch kaum Erfahrungen in der Immobilienbranche: Der Ex-Kriminalpolizeibeamter Wienhold saß 14 Jahre für die CDU im Abgeordnetenhaus, der Chemie-Unternehmer Neuling war zuletzt CDU-Bundestagsabgeordneter. Schon 1997 geriet Aubis in die Krise und musste 4000 Wohnungen abgeben. Ende 1999 konnte Aubis Handwerkerrechnungen nicht mehr bezahlen und trat die restlichen Wohnungen an eine Auffanggesellschaft ab. Durch dieses Manöver konnte das Debakel für den Aubis-Hauptgläubiger Berlin-Hyp bislang überdeckt werden.

Anfang Februar wurde jedoch bekannt, dass der Berlin-Hyp durch das Aubis-Geschäft Verluste von 200 Millionen Mark drohen. Insgesamt stünden, so Finanzsenator Peter Kurth (CDU), für die Bankgesellschaft Berlin, zu der die Berlin-Hyp gehört, zwischen 1994 und 1999 faule Kredite in Höhe von sieben Milliarden Mark zu Buche. Die Grünen-Abgeordnete Barbara Oesterheld kritisierte die "unsolide Kreditpolitik" der Bankgesellschaft, die dem Land Berlin Milliardenverluste bescherten. Landowsky warf sie vor, er lasse "den Steuerzahler schon mal für seine Freundschaften blechen". Der Angegriffene gab zurück: "Bei mir im Haus hat es nie Kredite nach parteipolitischen Präferenzen gegeben." Forderungen nach einem Rücktritt trat Landowsky entgegen: "Es gibt keine Unvereinbarkeit und keine Interessenkonflikte zwischen meinem Amt und dem Mandat." Keine zwei Wochen später kündigte Landowsky an, den Chefsessel bei der Berlin-Hyp im Mai zu räumen. Fraktionsvorsitzender wolle er bleiben und sich nun wieder um "Sachthemen" kümmern. Seine politischen Gegner sollten "sich warm anziehen".

Grüne und PDS fordern weiter seinen Rücktritt auch als Fraktionsvorsitzender. Sogar der treue Koalitionspartner SPD fordert eine lückenlose Aufklärung der Zusammenhänge zwischen Parteispenden und Kreditvergabe. Landowskys Parteifreunde verhalten sich auffallend reserviert. Die Würdigung des "politischen Lebenswerks" klang schon arg wie ein Nachruf. Selbst die äußerst CDU-nahe Berliner Morgenpost aus dem Hause Springer berichtete sehr distanziert und druckte plötzlich Fotos, auf denen Landowsky um Jahrzehnte gealtert wirkt. Mit den von Landowsky so geliebten Vergleichen aus dem Tierreich könnte man sagen: Die Ratten verlassen das sinkende Schiff. Es ist nun mal so, Herr Landowsky, wo Ratten waren, da ist auch Müll - das muss beseitigt werden in der Stadt.

Jens Sethmann

© scheinschlag 2001
Inhalt dieser Ausgabe | Home | Aktuelle Ausgabe | Archiv | Sitemap | E-Mail

  Ausgabe 02 - 2001