Liebe auf der Flucht

Lovers"- der fünfte Dogma-Film

"We are lovers", zitiert Jeanne einmal David Bowie, wenn unabsichtlich, dann trotzdem passend - wollen doch auch Jeanne und Dragan einfach nur die Chance nutzen, die sie nicht haben.

Ein Lachen, zwei Blicke, drei Sätze genügen ihnen, der kindschönen Verkäuferin in der kleinen Pariser Buchhandlung (Elodie Bouchez) und dem lebensstrotzenden jugoslawischen Maler (Sergej Trifunovic), um bedingslos ihren Gefühlen zu folgen; Fluchtweg ausgeschlossen. Da ist kein Platz für Romantik, da werden auch keine Beziehungsprobleme diskutiert. Es gibt nur zwei Menschen, die es wagen, sich aufeinander einzulassen, gegen jede Vernunft und im vollen Bewusstsein der Konsequenz.

Auch als Zuschauer kann man ihnen nicht entkommen. Zu nah zwingt einen die Handkamera heran, zeigt jeden Blick, macht jede Berührung spürbar und stellt doch nie bloß. Das geht an die Grenzen der Sehgewohnheiten, ist in seiner Ehrlichkeit manchmal quälend langsam, aber nie langweilig.

Die Nouvelle Vague ist als Vorbild unschwer zu erkennen. Aber die Zeiten haben sich geändert. Die neugierige Leichtfüßigkeit eines Antoine Doinel hat dem trotzigen Aufbegehren Dragans Platz gemacht. Was damals eine Befreiung von bürgerlichen Zwängen war, ist heute die Sehnsucht nach Identität in einer vermeintlich freien Gesellschaft.

Godard und Truffaut wollten die Regeln des etablierten Kinos brechen, von Trier und Vinterberg haben in ihrer Dogma 95-Charta Regeln aufgestellt, um die Regeln zu brechen. Jean-Marc Barr und Pascal Arnold halten sich daran und gehen trotzdem ihren eigenen Weg.

Bleibt abzuwarten, wann der erste deutsche Film mit Dogma-Zertifikat herauskommt. "Lovers" läßt hoffen auf ein neues europäisches Kino, das so vielfältig ist wie seine Länder. Oder, wie die Filmemacher sagen: "Europa existiert. Man kann uns nicht ausschließen."
go

Lovers (Dogma # 5)
von Jean-Marc Barr und Pascal Arnold
Kinostart 11.November