Ausgabe 07 - 1999berliner stadtzeitung
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Der Bausenator greift die Mietobergrenzen an

Trotz Rückzieher: Die Behutsamkeit der Stadterneuerung steht auf der AbschußlisteEnde Juni ging eine wahre Hiobsbotschaft durch die Altbauviertel Berlins: Die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr plant, Mieterschutzklauseln in Sanierungs- und Milieuschutzgebieten weitgehend auszuhöhlen. In dem Entwurf der Ausführungsvorschriften für die Anwendung von Mietobergrenzen heißt es, die Mietobergrenzen sollen insgesamt angehoben werden und nur noch die Miete direkt nach der Sanierung begrenzen. Darüber hinaus wurden zahlreiche Ausnahmen vorgesehen, z.B. eine "Öffnungsklausel" für den Fall, daß der Eigentümer geltend machen kann, daß die Mietbegrenzung für ihn wirtschaftlich nicht tragbar ist.

Die Empörung der Betroffenenvertretungen, der Bezirksverwaltungen und der Oppositionspolitiker war groß. Bedeuten diese Ausführungsvorschriften doch eine faktische Abschaffung der Mietobergrenzen. In den Bezirken hatte man nach der Erfahrung, daß eine Mietobergrenze für die Einstiegsmiete nach der Sanierung die Mieter nicht vor Verdrängung schützte, die Gültigkeitsdauer auf ein Jahr verlängert, in Lichtenberg auf sich selbst abstufende sieben Jahre und in Prenzlauer Berg kürzlich auf fünf Jahre.

Diese langfristigen Bindungen, um die zum Teil zäh verhandelt wurde, möchte die Senatsbauverwaltung kassieren. "Wir brauchen auf dem Mietermarkt Berlin keine Sperrfristen", meint der neue zuständige Abteilungsleiter Hugo Holzinger. Der baupolitische Sprecher der PDS, Bernd Holtfreter, sieht in dem Vorgang nicht nur eine Entmündigung der Bezirke, sondern kritisiert auch, daß der Senat die vermeintliche Wirtschaftlichkeit für den Eigentümer über die sozialen Sanierungsziele stellt. Matthias Bernt von der Betroffenenvertretung Helmholtzplatz sagte, damit könne man sich die behutsame Stadterneuerung "an den Hut stecken".

Eine Woche, nachdem das Papier an die Öffentlichkeit geraten war, schickte Bausenator Jürgen Klemann seine Sprecherin mit der Botschaft vor: April, April, war alles nur Spaß! Der Entwurf sei lediglich ein "Arbeitspapier", das dem Senator nicht bekannt gewesen sei.

Vielleicht weiß Klemann wirklich nicht, was in seiner Verwaltung geschieht. Man muß aber annehmen, daß dem Bausenator die Tragweite der angestrebten Richtlinie wohlbekannt ist und daß er die gleiche Zielrichtung im Auge hat. Jahrelang hat die Senatsbauverwaltung die Ausarbeitung solcher Ausführungsvorschriften mehr oder weniger bewußt unterlassen, und so den Bezirken bei den Mietobergrenzen freie Hand gelassen. Jetzt, wo das unsinnige Gerede vom "entspannten Wohnungsmarkt" und von "sinkenden Mieten" so lange wiedergekäut wurde, daß es viele tatsächlich glauben, meint man, Marktbeschränkungen und Subventionen zum Schutz der Mieter seien überflüssig geworden. Schaut man genauer hin, sieht man, daß das Marktsegment der billigen Wohnungen rapide schrumpft und der Wohnungsmarkt für Geringverdiener alles andere als entspannt ist. Gerade diese Bevölkerungsgruppe ist heute genauso auf einen Schutz vor Verdrängung angewiesen wie bisher.

Der Holzinger-Entwurf mag wieder in den Schubladen der Bauverwaltung verschwinden. Die Stoßrichtung der Berliner Stadterneuerungspolitik ist aber klar. Ende Juni ging eine wahre Hiobsbotschaft durch die Altbauviertel Berlins: Die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr plant, Mieterschutzklauseln in Sanierungs- und Milieuschutzgebieten weitgehend auszuhöhlen. In dem Entwurf der Ausführungsvorschriften für die Anwendung von Mietobergrenzen heißt es, die Mietobergrenzen sollen insgesamt angehoben werden und nur noch die Miete direkt nach der Sanierung begrenzen. Darüber hinaus wurden zahlreiche Ausnahmen vorgesehen, z.B. eine "Öffnungsklausel" für den Fall, daß der Eigentümer geltend machen kann, daß die Mietbegrenzung für ihn wirtschaftlich nicht tragbar ist.

Die Empörung der Betroffenenvertretungen, der Bezirksverwaltungen und der Oppositionspolitiker war groß. Bedeuten diese Ausführungsvorschriften doch eine faktische Abschaffung der Mietobergrenzen. In den Bezirken hatte man nach der Erfahrung, daß eine Mietobergrenze für die Einstiegsmiete nach der Sanierung die Mieter nicht vor Verdrängung schützte, die Gültigkeitsdauer auf ein Jahr verlängert, in Lichtenberg auf sich selbst abstufende sieben Jahre und in Prenzlauer Berg kürzlich auf fünf Jahre.

Diese langfristigen Bindungen, um die zum Teil zäh verhandelt wurde, möchte die Senatsbauverwaltung kassieren. "Wir brauchen auf dem Mietermarkt Berlin keine Sperrfristen", meint der neue zuständige Abteilungsleiter Hugo Holzinger. Der baupolitische Sprecher der PDS, Bernd Holtfreter, sieht in dem Vorgang nicht nur eine Entmündigung der Bezirke, sondern kritisiert auch, daß der Senat die vermeintliche Wirtschaftlichkeit für den Eigentümer über die sozialen Sanierungsziele stellt. Matthias Bernt von der Betroffenenvertretung Helmholtzplatz sagte, damit könne man sich die behutsame Stadterneuerung "an den Hut stecken".

Eine Woche, nachdem das Papier an die Öffentlichkeit geraten war, schickte Bausenator Jürgen Klemann seine Sprecherin mit der Botschaft vor: April, April, war alles nur Spaß! Der Entwurf sei lediglich ein "Arbeitspapier", das dem Senator nicht bekannt gewesen sei.

Vielleicht weiß Klemann wirklich nicht, was in seiner Verwaltung geschieht. Man muß aber annehmen, daß dem Bausenator die Tragweite der angestrebten Richtlinie wohlbekannt ist und daß er die gleiche Zielrichtung im Auge hat. Jahrelang hat die Senatsbauverwaltung die Ausarbeitung solcher Ausführungsvorschriften mehr oder weniger bewußt unterlassen, und so den Bezirken bei den Mietobergrenzen freie Hand gelassen. Jetzt, wo das unsinnige Gerede vom "entspannten Wohnungsmarkt" und von "sinkenden Mieten" so lange wiedergekäut wurde, daß es viele tatsächlich glauben, meint man, Marktbeschränkungen und Subventionen zum Schutz der Mieter seien überflüssig geworden. Schaut man genauer hin, sieht man, daß das Marktsegment der billigen Wohnungen rapide schrumpft und der Wohnungsmarkt für Geringverdiener alles andere als entspannt ist. Gerade diese Bevölkerungsgruppe ist heute genauso auf einen Schutz vor Verdrängung angewiesen wie bisher.

Der Holzinger-Entwurf mag wieder in den Schubladen der Bauverwaltung verschwinden. Die Stoßrichtung der Berliner Stadterneuerungspolitik ist aber klar.
Jens Sethmann

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