Ausgabe 07 - 1999berliner stadtzeitung
scheinschlag

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Live in Peace
Ein Film aus China

Den Film durchschwebt ein Hauch Wehmut. Der Titel "live in peace" eine Beschriftung über dem Eingangstor einer populären Wohnsiedlung, erklingt wie eine Formel aus längst vergangenen Zeiten. Um Zeiten geht es in diesem Film. Es gibt die schnelle Zeit der modernen Großstadt und die langsamere Zeit eines abgelegenen Wohnviertels. Die Menschen bewegen sich, ihrer Lebenszeit entsprechend, in der ihnen gemäßen Welt.

Axi, die Großmutter, entläßt immer wieder die Dienstmädchen, die ihr Sohn Adong zu ihr schickt. Er aber arbeitet mit seiner Frau auf dem Bau und hat Geldprobleme, keine Zeit, sich um seine Mutter zu kümmern. Die junge Fischverkäuferin Shan bietet sich an. Sie ist freundlich und zuverlässig. Axi aber mag Dorfmädchen nicht und spuckt beim Abendbrot den versalzenen Fisch aus. Shan läßt sich nicht entmutigen und kocht alles neu. Wie die zwei Frauen sich lieb gewinnen, miteinander streiten und zusammen weinen, davon erzählt dieser Film.

Eigentlich keine besondere Geschichte, eher läuft sie Gefahr, ins Blumige zu kippen. Aber das tut sie nicht. Dies ist der Schauspielerin Pan Yu zu verdanken, die die Rolle der Großmutter Axi mit einer Stärke und Lebendigkeit ausfüllt, daß ihr Leben wie ein offenes Buch erscheint, in dem man allzu gern blättert. Denn wenn Axi keine bequeme Person ist, so hat sie doch Witz und Herz. Außerdem hat eine ältere Frau immer was zu erzählen. Ihr Blick sucht mehr nach dem Dagewesenen, als daß sie sich für das Neue interessiert.. Auf dem Bahnhof ihres Heimatdorfes wundert sie sich, wo die drei Feigenbäume, die da standen, geblieben sind. Wem solch ein Wundern nah ist, dem sei dieser Film in aller Ruhe empfohlen.
Sylvanus

Live in Peace: Ch 1997
Regie: Hu Binliu, mit Pan Yu, Bai Xuetun, Sun Min
Ab 22 Juni im Kino Hackesche Höfe

© scheinschlag 2000
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  Ausgabe 07 - 1999