Ausgabe 18 - 1998berliner stadtzeitung
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Von kleinen und großen Ereignissen ...

und solchen, die gerne welche sein wollen - Veranstaltungshinweise

Das Sommerloch haben wir jetzt also hinter uns, den Sommer leider auch. Die Veranstaltungskalender sind wieder prall gefüllt. Hier also eine klitzeklitzekleine und wie immer völlig willkürliche Auswahl potentieller Highlights der nächsten zwei Wochen:

Die kurzen Stücke junger Choreographen, die der Pfefferberg am 22. und 23. September um 21 Uhr im Rahmen der Tanztage präsentiert, zum Beispiel könnten die eine oder andere Überraschung bereithalten. An den zwei Folgetagen (24. und 25. September, 20 Uhr) ist in den Sophiensälen wieder "Musikmißbrauch!" angesagt. Unter dem programmatischen Titel "Rosinenoper" setzt sich Christian von Borries anläßlich der Jubiläen "50 Jahre Luftbrücke" und "100 Jahre Schallplatte" mit dem Kulturtransfer zwischen Europa und Amerika auseinander. Neben John Cages "Europera 4" für zwei Sänger, Klavier, Tonband und Lichttechniker in der Inszenierung der Choreographin Constanza Macras, werden Opernparaphrasen von Mozart, Verdi, Wagner und Eisler sowie ein Grammophonkonzert mit Opernstars der Jahrhundertwende wie Caruso oder Nellie Melba zu erleben sein.

Am Samstag, den 26. September, dann die Sängerin Sapho im Pfefferberg. Begleitet von arabischer Geige, Flamenco-Gitarre, E-Gitarre, Saxophon, Kontrabaß und dreierlei afrikanisch-spanischer Percussion bringt sie ihr neues Programm "Jardin Andalou" zu Gehör, in dem sich arabische und andalusische Musik zu einer faszinierenden traditionsverbundenen Mischung durchdringen, die sich auch aktuellen Einflüssen nicht verweigert.

Meredith Monk, die vom 29. September bis zum 1. Oktober im Hebbel-Theater gastiert, ist dagegen eine Sängerin von ganz anderem Schlage. Aus der Tradition der amerikanischen Moderne kommend, schafft sie es mit ihrer ungewöhnlichen Stimmtechnik - in Berlin solo und mit Klavierbegleitung - ihre ganz individuelle, hochintensive Vision von zeitgenössischer Vokalmusik umzusetzen.

Ebenfalls im Hebbel-Theater, dürfte am Samstag, den 3. Oktober um 20 Uhr das Eisler-Jahr einen seiner Höhepunkte finden. Ein Eisler-Abend mit dem Ensemble Modern und Josef Bierbichler unter Leitung von Heiner Goebbels - dem ist wohl nichts hinzuzufügen.

Und wo viele kleine Veranstaltungen, da auch viele Großveranstaltungen. Und die sollen dann doch nicht ganz unter den Tisch fallen. Berlin Beta, Hanfparade, Ready to Ruck sind schon vorbei - mehr oder weniger bemüht, mit mehr oder weniger Erfolg: Um Innovation, Message, Diskurs, Fun - oder einfach nur Größe. Wie sich ditt für eene "Weil-ick-ne-Haaaauuuuptstadt-bin" jehört, weeßte. Jetzt also "berlin biennale" und Congress 3000. Der findet vom 1. bis zum 3. Oktober im Haus der Kulturen der Welt statt. Als Ergänzung zu der Ausstellung "berlin/berlin" beschäftigt sich der Kongreß in einer Kombination von Festival und Symposium mit "Positionen und Diskursen ..., die sowohl besondere Berliner Phänomene thematisieren, sowie inhaltlich, formal und methodisch für die zeitgenössische Kunstproduktion relevant sind". Als Forum für Filmemacher, Architekten, Theoretiker(!), Literaten, Musiker, DJs und Designer will der Kongreß "für drei Nächte ... Schnittstelle und Nistplatz künstlerischer und kultureller Ausdrucksformen sein".

Und für den, den das alles nicht hinter dem Ofen - jawoll Ofen, tut mir leid, der Sommer ist wirklich vorbei - hervorlockt, gibt es da noch die Berlin/Detroit-Tanzparty, auf der das Team vom Tresor am Samstag, den 3. Oktober mit Blake Baxter und Juan Atkins zwei Superhelden des Detroit Techno präsentiert.

Gegen soviel Zeitgeist kann ein Festival Neuer Musik natürlich nicht anstinken. Doch Inventionen ´98 - 50 Jahre Musique Concrete (23. bis 26. September) könnte sich wirklich lohnen. Im Zentrum dieser Musik steht bis heute die Musikalisierung des Geräuschs, eine Idee, die in Sampling, Soundscape-Design und zeitgenössischen Klangvorstellungen schlechthin breite Wirkung nach sich zog. Neben Werken der tonangebenden Protagonisten der konkreten Musik wie zum Beispiel Pierre Schaeffer, werden vierzehn Auftragsarbeiten zu hören sein, durch die Komponisten über ein Ensemble von Lautsprechern in den Raum projeziert, zum Teil im Zusammenspiel mit Live-Musikern. Von den fließenden Übergängen zwischen den Genres erzählen künstlerische Filme und Performances im Grenzbereich von Hoch- und Popkultur, von Akustischem und Visuellem. Einsteigern sei die Live-Vertonung des Dziga Vertov-Filmes L«homme a la camera durch den "Vorreiter des Techno" Pierre Henry (Donnerstag, 24. September, 20.30 Uhr, Parochialkirche) sowie der Musique-concrete-Live-Mix von Monolake ans Herz gelegt (Samstag, 26. September, 22 Uhr, Pariochialkirche - mit Buffet).

Thomas Gläßer

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  Ausgabe 18 - 1998